Testabnahme in einer Covid-19 Teststrasse für 15 Minuten-Schnelltests vor Beginn einer Lehrveranstaltung der WU-Wien im Austria Center Vienna in Wien 16. September 2020
APA/ROLAND SCHLAGER
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Antigen-Tests auch bei Mutationen

Um die Ausbreitung der infektiöseren CoV-Mutationen aus England und Südafrika zu bremsen, sollen nun mehr Schnelltests eingesetzt werden – etwa in Schulen sowie vor einem Friseurbesuch. Diese Antigen-Tests werden laut Experten auch bei ihnen funktionieren, könnten aber ungenauer werden.

Problematisch machen die neuen, infektiöseren Virusvarianten aus England und Südafrika ihre Veränderungen im Spike-Protein – jenes Eiweiß, mit dem das Virus an menschliche Zellen andockt. Dadurch könnte das Virus Zellen leichter infizieren. Im Falle der Variante aus Südafrika könnten die Mutationen auch die Immunabwehr bei Menschen erschweren, die bereits eine Infektion durchgemacht haben oder geimpft sind.

Antigentests zielen auf anderes Eiweiß ab

Die gute Nachricht: Für Antigen-Schnelltests spielen diese Veränderungen direkt keine Rolle. Denn die Tests zielen auf ein ganz anderes Virus-Eiweiß ab: die Nukleokapsid-Proteine, erklärt der Virologe Lukas Weseslintdner von der Medizinischen Universität Wien. „Das heißt, im Großen und Ganzen müssten die Antigen-Tests auch bei diesen Varianten funktionieren, vorausgesetzt es hat nicht parallel dazu eine Mutation im Nukleokapsidprotein gegeben, die relevant ist. Das muss man sich jetzt sehr genau anschauen.“

Veränderungen sind in diesem Eiweiß zwar weniger wahrscheinlich als beim Spike-Protein, aber nicht ausgeschlossen. „Wir müssen verstehen, dass das Virus durch viele menschliche Wirte durchgeht und sich dabei immer besser an den Menschen anpasst, und das ist nicht nur auf die Spike-Region beschränkt.“

Ob es bisher problematische Mutationen gibt, die Antigen-Tests weniger zuverlässig machen, wird aktuell untersucht. Es wäre aber kein Fall von „alle oder keiner“. Denn jeder Schnelltest ist chemisch etwas anders aufgebaut. „Es kann sein, dass der Test eines Herstellers nicht beeinflusst ist, der Test eines anderen aber sehr wohl. Darum ist das so kompliziert.“

Trotzdem mehr Vorsicht wenn „Negativ“

Dennoch ist noch mehr Vorsicht bei der Interpretation von negativen Schnelltestergebnissen geboten, selbst wenn die Mutationen im Spike-Protein die Antigen-Tests direkt nicht beeinflussen.

Forscher vermuten nämlich, dass das veränderte Stacheleiweiß das Andocken an menschliche Zellen erleichtert. „Dann würde diese Variante insgesamt weniger Viren brauchen, um eine Infektion auszulösen. Also ein Infizierter mit der neuen Variante könnte eine Spur früher ansteckend sein, weil am Anfang sich weniger Viren leichter tun, die Zellen zu infizieren.“

Generell sind Schnelltests ungenau und schlagen erst bei einer hohen Viruslast an. So rutschen auch im Normalfall einige Infizierte und potenziell Ansteckende durch, man findet aber zumindest sehr infektiöse Menschen. Durch die neuen Virusvarianten könnten bei den Antigen-Tests nun auch hochansteckende Menschen mit einer niedrigen Viruslast durchrutschen.

Schutzmaßnahmen einhalten

Noch ist das Spekulation und nicht bestätigt. Was das Virus tatsächlich ansteckender macht, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Wie der deutsche Virologe Christian Drosten im NDR Podcast „Coronavirus Update“ erklärt, wäre es auch möglich, dass es bei der britischen Variante zu Beginn der Erkrankung weniger klare Symptome gibt. „Die Symptome wären demnach so harmlos, dass die Leute für längere Zeit unvorsichtig sind und so mehr Leute anstecken.“

Die schnelle Verbreitung der neuen Varianten macht aber deutlich, dass es noch wichtiger ist, sich an die Sicherheitsmaßnahmen zu halten, so Weseslintdner: Das heißt, wenig Kontakt mit anderen Menschen. Sofern man auf andere trifft, eine FFP2 Maske tragen und Abstand halten – auch im Freien.