Glas mit alkoholischen Inhalt, daneben eine Hand
APA/GEORG HOCHMUTH
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Alkohol

In welchen Berufen zu viel getrunken wird

In manchen Berufen wird mehr getrunken, als gesund ist. Laut einer britischen Studie ist das vor allem in Handwerksberufen sowie im Gastgewerbe der Fall, bei Ärzten und Lehrern war das Risiko für einen erhöhten Alkoholkonsum kleiner. Am wenigsten trinken Geistliche und Meteorologen.

„Starker Alkoholkonsum erhöht das Risiko körperlicher und geistiger Schäden, und wenn wir verstehen, welche Berufe mit starkem Alkoholkonsum in Verbindung stehen, können wir die Ressourcen und Interventionen besser ausrichten“, begründet Mediziner Andrew Thompson von der Universität Liverpool die Motivation für die im Fachblatt „BMC Public Health“ erschienene Studie.

Für diese analysierte er gemeinsam mit dem Pharmakologen und Genetiker Munir Pirmohamed die Daten von 100.817 Erwachsenen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren aus ganz Großbritannien, die zwischen 2006 und 2010 für die Langzeitstudie „UK Biobank“ rekrutiert wurden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben ihren wöchentlichen oder monatlichen Alkoholkonsum sowie ihren Beruf an.

Dabei galten Männer als starke Trinker, wenn sie mehr als 500 Milliliter (400 Gramm) reinen Alkohols pro Woche konsumierten, für Frauen lag dieser Wert bei 350 Milliliter (280 Gramm). Zur Einordnung: Eine Flasche Bier mit 330 Milliliter enthält knapp 13 Gramm reinen Alkohols, ein Glas Wein mit 125 Millilitern etwa zehn Gramm. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung definiert als gesundheitlich unbedenkliche Obergrenze eine Höchstmenge von 20 Gramm pro Tag für Männer und zehn Gramm für Frauen.

Bessergestellte Frauen trinken mehr

Wie die britische Auswertung ergab, standen Handwerksberufe wie zum Beispiel Bau- und Fertigungsberufe am ehesten mit starkem Alkoholkonsum in Verbindung. Mit Blick auf einzelne Berufe waren die Raten übermäßigen Alkoholkonsums unter Gast- und Kneipenwirten, Gipsern und Vertretern industrieller Reinigungsberufe am höchsten. Die niedrigsten Raten fanden sich unter Geistlichen, Physikern, Geologen und Meteorologen sowie Medizinern.

Dabei zeigte die Studie große geschlechtsspezifische Unterschiede: So waren es bei Männern vor allem handwerkliche Berufe, die mit starkem Alkoholkonsum zusammenhingen. Bei den Frauen stand dieser eher in Verbindung mit Berufen wie Managerin oder leitende Angestellte. Umgekehrt war die Rate hohen Alkoholkonsums bei Männern in den Berufen Geistlicher, Mediziner und Stadtplaner am niedrigsten, bei Frauen hingegen in den Berufen Schulsekretärin, Biologin, Biochemikerin und Physiotherapeutin.

„Die beobachteten Unterschiede bei Männern und Frauen in Bezug auf die Assoziationen zwischen Berufen und starkem Alkoholkonsum könnten darauf hinweisen, wie die Arbeitsumgebung zusammen mit dem Geschlecht und anderen komplexen Faktoren die Beziehung zum Alkohol beeinflussen kann“, kommentiert Mediziner Thompson diesen Befund. Arbeitsplatzbezogene Interventionen, die darauf abzielten, den Alkoholkonsum in Berufen, in denen starker Alkoholkonsum vorherrsche, anzugehen, könnten sowohl dem Einzelnen als auch der Wirtschaft insgesamt zugutekommen, indem sie das Wohlbefinden der Mitarbeiter verbesserten und indirekt die Produktivität steigerten.

WHO warnt

Inwiefern sich die britischen Ergebnisse auf andere Länder übertragen lassen, bleibt unklar. Tatsächlich gab die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) angesichts früherer vergleichbarer Untersuchungen zu bedenken: „Studienergebnisse zu dieser Thematik können beeinflusst sein durch landesspezifische arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen, Charakteristika der Berufsbilder wie durch die Konsumkulturen in den Branchen.“

Zudem fokussierte die Untersuchung nur auf Alkoholkonsum: Der Zusammenhang zwischen Berufsgruppen und anderen Suchtmitteln wurde nicht untersucht. Die Autoren weisen ferner selbst darauf hin, dass es aufgrund des Querschnittscharakters der Studie nicht möglich sei, eine kausale Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Beruf herzustellen. Außerdem stammten die Daten aus den Jahren 2006 bis 2010 – eine Veränderung des Trinkverhaltens seither wurde nicht erfasst.

Eben jene Veränderung könnte allerdings gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie interessant sein. Für Deutschland z.B. ergab eine nicht repräsentative Erhebung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, dass der Alkoholkonsum seit deren Beginn bei rund einem Drittel der Erwachsenen hierzulande gestiegen ist. Dass es sich dabei um einen länderübergreifenden Trend handelt, legt eine Warnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nahe: Diese hatte kürzlich empfohlen, den Alkoholkonsum während der Sars-CoV-2-Pandemie weitestgehend einzuschränken – auch weil starker Konsum das Immunsystem schwäche.