Der Roboter „AV1“ in einer Schulklasse
Estera K. Johnsrud
Estera K. Johnsrud
Technologie

Roboter vertreten Kinder in der Klasse

Roboter, die chronisch kranke Kinder in der Klasse vertreten und über die sie mit ihren Lehrerinnen und Mitschülern kommunizieren können: Seit einem Jahr werden sie an mehreren Schulen in Österreich erprobt, nun startet ein Forschungsprojekt mit 30 Robotern.

Der Roboter ist eine Art Büste, die man auf den Tisch stellen kann. Das Kind kann ihn von zuhause steuern und so am Unterreicht teilnehmen. Es kann aufzeigen, kommunizieren und sehen, was im Klassenzimmer vor sich geht. Das Kind selbst und seine Umgebung bleibt dabei im Verborgenen.

Ein Jahr lang hat das Team um den Psychologen Thomas Pletschko von der Medizinuni Wien in der Pilotphase solche Avatare an Schulen in ganz Österreich getestet. Nun beginnt ein Forschungsprojekt, bei dem über 30 Avatare namens „AV1“ des norwegischen Unternehmens No Isolation eingesetzt werden sollen.

Wissenschaftliche Studie begleitet AV1

In Österreich können rund 17.000 Kinder wegen ihrer Krankheit die Schule für längere Zeit oder gar nicht mehr besuchen. Durch den Avatar bekommen die Kinder im besten Fall wieder das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und sich wieder zugehörig zu fühlen, erklärt Thomas Pletschko, Studienleiter des Avatar-Projektes. „Wir wissen, dass ein mangelndes Zugehörigkeitsgefühl mit geringeren Bildungsabschlüssen einhergeht und generell mit schlechteren schulischen Leistungen“. Das soll verhindert werden.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 22.3., 13:55 Uhr.

In der bisherigen Pilotphase waren bereits einige Avatare im Einsatz, nun will man auf 30 Exemplare aufstocken und auch eine wissenschaftliche Studie starten. Schulkinder aller Altersgruppen nehmen daran teil – und deren Angehörige. Neben einem quantitativ angelegten Fragebögen machen Pletschko und sein Team auch qualitative Interviews mit den betroffenen Kindern, deren Eltern, deren Lehrern und deren Mitschülern.

Der Roboter „AV1“ in einer Schulklasse
Estera K. Johnsrud

Interviews mit allen Beteiligten

Die Lehrpersonen werden aus ihrer Perspektive über die veränderten Bedingungen zu Unterrichtsplanung, zum digitalisierten Unterricht sowie zur Lehr-Lern-Beziehung befragt. Bei den Klassenkameradinnen werden Veränderungen im Klassengefüge und das Erleben des Unterrichts mit einem Avatar ermittelt, erläutert die Erziehungswissenschaftlerin Agnes Turner von der Universität Klagenfurt in einer Presseaussendung.

Der Avatar könne letztendlich auch den Umgang mit der Krankheit verbessern, sei es Krebs oder eine Autoimmunerkrankung, so hofft Thomas Pletschko: Denn wenn die soziale Teilhabe sichergestellt ist, würde die Krankheit einen weniger massiven Einschnitt im alltäglichen Leben bedeuten.

AV1 kann Emotionen zeigen

Der Unterricht wird als Ton und Livestream-Bild zum kranken Kind bzw. Jugendlichen übertragen. Das Kind kann sich mit einem Blinklicht bemerkbar machen und so beispielsweise im Unterricht aufzeigen, auch die Gesichtsausdrücke des Avatars können bestimmt und so der Klasse Gefühle und Stimmungen mitgeteilt werden. Der Avatar überträgt den Ton in beide Richtungen, damit ist eine hörbare Beteiligung am Unterricht sowie die Kommunikation über den Avatar garantiert.

Drei Jahre läuft das Forschungsprojekt, an dem die Meduni Wien, die Universität Klagenfurt, die Wiener Heilstättenschule und die Firma Die Beraterbeteiligt sind. Finanziert wird es unter anderem von der Innovationsstiftung für Bildung(innovationsstiftung-bildung.at), die am Montag eine Fördersumme von 60.000 bekanntgab.