Herbst und Winter sind die Jahreszeiten, in denen sich Erreger von Atemwegserkrankungen besonders wohl fühlen. Deshalb wird man auch für die nächsten Herbst- und Wintermonate damit rechnen müssen, dass SARS-CoV-2 wieder vermehrt auftaucht, sagt der Virologe Norbert Nowotny. Er forscht seit vielen Jahren zu unterschiedlichen Coronaviren und hat sich auch mit den Erregern der Krankheiten SARS und MERS intensiv beschäftigt.
Beim aktuell zirkulierenden Coronavirus fällt ihm vor allem seine große Flexibilität auf: „Wir wissen, dass es imstande ist, sich sehr gut anzupassen an die verschiedensten Verhältnisse. Auch unter dem Druck von Antikörpern kann es sich anpassen. Deshalb gehen mittlerweile alle Wissenschaftler davon aus, dass wir dieses Virus nicht mehr losbekommen.“
Nachlassender Schleimhautschutz
Das bestätigt auch Judith Aberle vom Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien. Die Impfungen würden zwar sehr effektiv vor schweren Erkrankungen schützen, leichte Infektionen seien aber möglich, wenn die Wirkung nachlässt: „Vor allem der sogenannte Schleimhautschutz gegen Infektionen, der wird weniger werden. Damit kann das Virus eher wieder weitergegeben werden, und so kann das Virus auch weiterhin in der Bevölkerung zirkulieren.“
Verantwortlich dafür ist eine spezielle Gruppe Abwehrstoffe, die sogenannten IGA-Antikörper. Sie schützen die Schleimhäute vor dem Eindringen von Viren, sinken aber laut bisherigen Studien schneller ab als andere Antikörper-Gruppen, so Aberle: „Da haben nach einem Jahr nur mehr 25 Prozent der Menschen einen nachweisbaren Schleimhautschutz.“
Entscheidender Faktor: Impfrate
Die betroffenen Menschen bleiben bei einer Infektion oft ohne Symptome oder bekommen leichte Halsschmerzen, das Virus schafft es aber damit, im Umlauf zu bleiben. Mit Blick auf den Herbst komme es darauf an, wie viele Menschen sich bis dahin impfen lassen, so die Virologin Judith Aberle: „Wir können durch die Impfungen insofern eine Immunität erreichen, als wir keine zusätzlichen Maßnahmen mehr brauchen, um das Gesundheitssystem zu schützen. Aber die Viruszirkulation besteht weiter.“
„Wir werden mit diesem Virus einfach weiter leben müssen. Das ist so. Und dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man ist geschützt durch Impfung oder irgendwann wird man diese Infektion bekommen“, ergänzt Norbert Nowotny. Dass die Impfung wirkt, das zeigen jüngste Zahlen aus Vorarlberg: Demnach hat der Anteil der zweimal Geimpften an den Infizierten der letzten Wochen 0,16 Prozent betragen.