Frau von hinten, stützt mit Händen ihren Rücken
APA/dpa-Zentralbild/Arno Burgi
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Therapie

Stammzellspritze gegen Rückenschmerzen

Chronische Rückenschmerzen plagen viele Menschen, nach wirksamen Therapien zur Ergänzung von konservativen Empfehlungen wie Sport wird intensiv gesucht. US-Forscher testen derzeit eine Spritze mit Stammzellen, die bald Abhilfe schaffen könnte.

Stechender, ziehender, oder gar ausstrahlender Schmerz; viele Menschen sind im Laufe ihres Lebens von Kreuzweh betroffen und teils stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Ob altersbedingt oder durch eine Verletzung hervorgerufen, Rückenschmerzen sind österreichweit die am häufigsten angegebene Ursache chronischer Beschwerden. Sogar unter jungen Erwachsenen sind etwa zehn Prozent betroffen, in höherem Alter dann mehr als ein Drittel.

Um die Schmerzen zu lindern, wird klassischerweise zuerst zu Physiotherapie und Sport geraten, erklärt Gregor Kienbacher, Vorstandsmitglied der österreichischen Schmerzgesellschaft und ärztlicher Leiter des Klinikum Theresienhof für Orthopädie und orthopädische Rehabilitation in Frohnleiten. So sollen Rücken- und Bauchmuskulatur sowie der Beckenboden gestärkt werden und die Wirbelsäule besser stabilisieren. Hilft das nichts mehr, könne in manchen Fällen auch eine Operation empfohlen werden. Um den Griff zum Skalpell zu vermeiden, erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den USA gerade Stammzellen auf ihre Wirksamkeit.

Bandscheiben regenerieren

„Vor allem bei Schmerzen im unteren Rücken liegt sehr oft eine Bandscheibendegeneration vor. Sogenannte mesenchymale Vorläuferzellen werden deshalb direkt in das Knorpelgewebe dieser Bandscheiben eingesetzt, wo sie sich selbst zu Knorpelzellen entwickeln“, erklärt Kienbacher. Sobald die Zellen eingebracht sind, setzen sie entzündungshemmende Botenstoffe frei und seien deshalb besonders effektiv gegen die Schmerzen.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 25.5., 13:55 Uhr.

Erstmalig könne durch die neue Therapie geschädigtes Bandscheibengewebe tatsächlich regeneriert und die Funktion des abgenützten Knorpels wiederhergestellt werden, so Kienbacher: „Eine Phase II-Studie aus den USA und Australien zeigte bereits eine signifikante Verminderung der Schmerzintensität und eine verbesserte Lebensqualität bis drei Jahre nach der Therapie.“

Sechs Millionen Zellen

Für die Behandlung werden sechs Millionen Stammzellen in die Bandscheiben der Patienten und Patientinnen eingebracht. „Dazu ist lediglich eine einzige Injektion nötig“, erklärt der Orthopäde. Gewonnen werden die Vorläuferzellen für die Therapie aus dem Knochenmark eines gesunden Spenders. Unter bestimmten Laborbedingungen gezüchtet, werden sie so verändert, dass sie keine Immunantwort im Empfänger auslösen.

„Aktuell läuft eine Folgestudie der Phase-III, bei der nun die Wirksamkeit und Sicherheit der Stammzelltherapie an etwa 400 Versuchspersonen überprüft wird.“ Kienbacher ist optimistisch und hofft darauf, dass in der nächsten Phase auch österreichische Patienten miteinbezogen werden.

Zukünftig: Kombinationstherapie

Um die Umwandlung in Knorpelgewebe zu unterstützen und damit die Stammzellen an Ort und Stelle bleiben, beinhaltet die Substanz auch Hyaluronsäure. Außerdem dürfe die Bandscheibe nicht zu stark degeneriert sein, damit die Zellen nicht aus dem Knorpelgewebe austreten können. Deshalb werden laut Kienbacher vorerst eher leichte bis mäßig schwere chronische Rückenschmerzen mit den Stammzellen behandelt.

„Eines wird auch zukünftig wichtig sein: Selbst die neue Therapie muss immer mit anderen Behandlungen kombiniert werden. Mit den Stammzellen kann man vielleicht die Bandscheibendegeneration und den Schmerz gut in den Griff kriegen, es ist aber auch wichtig, das muskuläre Korsett optimal auszubilden. Dazu sind weiterhin Sport und Physiotherapie unerlässlich“, blickt Kienbacher in die Zukunft.

Als mögliche seltene Nebenwirkungen wurden in vorangegangenen Studien etwa von Infektionen an der Einstichstelle sowie schlimmer werdende Rückenschmerzen berichtet. Dass einige wenige der Versuchspersonen nur schlecht auf die Therapie ansprachen, erklärten die Studienautoren übrigens damit, dass in manchen Fällen der Schmerz von mehreren Bandscheiben ausgehen könnte, jedoch bisher immer nur eine Bandscheibe behandelt wurde.