Eine junge Frau sitzt hinter leeren Bierflaschen
APA/dpa/Alexander Heinl
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Alkohol-Experiment

Eigene Trunkenheit wird häufig unterschätzt

Nach dem Genuss von Bier und Wein unterschätzt einem Experiment zufolge ein großer Teil der Menschen ihren Alkoholwert im Atem – und überschätzt damit ihre Fahrtauglichkeit.

In dem Experiment waren 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – mit guter körperlicher Fitness und durchschnittlich 24 Jahre alt – aufgefordert, sich unter kontrollierten Bedingungen mit Pils und Weißwein zu betrinken. Dabei sollten sie unter anderem einschätzen, wann sie die gesetzliche Promillegrenze zum Autofahren erreicht hatten. In Österreich liegt diese bei einem Wert von 0,5 Promille.

Über die Hälfte liegt falsch

Die Probanden sollten bei dem Versuch solange weitertrinken, bis sie ihrer Meinung nach die Promillegrenze erreicht hatten. An einem ersten Studientag meldeten sich demnach 39 Prozent von ihnen erst, nachdem sie schon über der Schwelle waren. An einem zweiten Studientag, waren es sogar 53 Prozent, die zu viel getrunken hatten. Einige wenige überzogen das gesetzliche Limit sogar sehr deutlich – und hielten sich noch immer für fahrtüchtig.

Die im Fachmagazin „Harm Reduction Journal“ erschienenen Ergebnisse seien unabhängig davon gewesen, ob die Probanden zuerst Bier oder Wein getrunken hatten. Auch das Geschlecht habe keinen wesentlichen Unterschied bei der Fähigkeit zur Selbsteinschätzung gemacht, heißt es in der Studie. Alkohol am Steuer stellt den Fachleuten zufolge trotz vieler Aufklärungsbemühungen weltweit noch immer ein hohes, aber vermeidbares Unfall- und damit Gesundheitsrisiko dar.

Gewisse Lerneffekte

„Die Häufigkeit der Fehleinschätzungen muss uns deshalb Sorgen machen, weil im Straßenverkehr ja wenige reichen, um schwerwiegende Unfälle auszulösen“, sagte Studienleiter Kai Hensel, der inzwischen am Universitätsklinikum Göttingen arbeitet, der Deutschen Presse-Agentur. Zudem habe sich gezeigt, dass der Hang zum Unterschätzen der eigenen Trunkenheit mit zunehmendem Alkoholkonsum noch steige: Je mehr die Probanden tranken, desto weiter wich ihre Selbsteinschätzung von den tatsächlichen Messwerten ab.

„Allerdings gibt die Studie auch Hinweise auf gewisse Lerneffekte, so dass wir glauben, dass es durchaus helfen kann, das eigene Bewusstsein für den Effekt von Alkohol auf die Fahrtüchtigkeit zu schärfen“, sagte Hensel weiter. Es sei daher sinnvoll, bei Aufklärungskampagnen erfahrbar zu machen, wie schnell das eigene Limit in Sachen Fahrtüchtigkeit erreicht sei – etwa durch Teststationen in Bereichen, wo Alkohol getrunken werde, so Hensel.

Reihenfolge spielt keine Rolle

Im Experiment wurden durchschnittlich beispielsweise 1,4 Liter Bier in etwas über zwei Stunden getrunken, bis die Promillegrenze überschritten war. Beim Weißwein genügte eine knappe Flasche – „wobei davon auszugehen ist, dass der nach mehr als zwei Stunden gemessene Atemalkoholwert von dann jeweils 0,6 Promille auch nach Trinkstopp noch weiter ansteigt, weil der Alkohol nach und nach ins Blut übergeht“, so Hensel. Zudem hatten die Teilnehmer zuvor alle gemeinsam gegessen.

Weitere Studienergebnisse, die sich mit den nachfolgenden Katerauswirkungen des kontrollierten Betrinkens auseinandergesetzt hatten, waren bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgewertet und veröffentlicht worden. Tenor damals: Die Reihenfolge, in der man Wein oder Bier trinkt, spielt keine Rolle für die Auswirkung – lediglich der Alkoholgehalt.