Scherenschnitt eines dicken Mannes, der viel isst
dunadicarta – stock.adobe.com
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Biberschwanz und Co.

Frühe Fastenrezepte waren üppig

Viele Menschen nehmen sich zur Fastenzeit vor, weniger Fleisch zu essen, auf Alkohol und Süßes zu verzichten – kurz: sich gesünder zu ernähren. In der Frühen Neuzeit war das teils anders, meint eine Salzburger Historikerin. Man fastete zwar lange, doch auf dem Speiseplan standen auch üppige Mahlzeiten wie Biberschwanz und Süßspeisen.

Um 1700 herum war der Biberschwanz den Menschen eine gute Alternative zum Fleisch. Damals gab es über 100 Fastentage im Jahr. Die Kochbücher enthielten eine Menge Fastenrezepte. Oft hatten die Bücher eigene Register, in denen Fastenrezepte aufgelistet waren, etwa Suppen auf Gemüsebasis statt Fleischbrühe. Doch so richtig verzichten wollte man nicht unbedingt aufs Fleisch, so die Historikerin Marlene Ernst von der Paris-Lodron-Universität Salzburg.

Fastentaugliches Fleisch

Sie kennt Rezepte von Schildkröte über den Otter oder den Biberschwanz. Fisch war natürlich erlaubt, aber ein Biber war eher eine kreative Auslegung, so Marlene Ernst. „Durch sein Aussehen mit den flossenähnlichen Füßen konnte man ihn mit einem zugedrückten Auge auch in der Fastenzeit verspeisen.“

Im Kochbuch der Ursulinen von 1716 steht über die Zubereitung eines Biberschwanzes vor: „Wann der Biber ausgestreift ist, so tu die Hinterschlögel in ein lauwarmes Wasser, ein bisschen Gewürz dazugeben und salzen.“

Mit bayerischem oder österreichischem Wein sollte der Biber dann begossen werden – also mit Kochwein, denn der lokale Wein galt damals als niederklassig, erklärt Marlene Ernst und führt das Rezept fort: „Mit Zitronenschalen bestickt auf einen Bratspieß geben und mit Butter und Zitronensaft während des Bratens begießen."

Europäische Fastengeschichte hat lange Wurzeln

Die älteste überlieferte deutschsprachige Rezepthandschrift ist Teil eines Hausbuchs von Michael de Leone, Protonotar des Bischofs von Würzburg. „Daz buoch von guoter spise“ von ca. 1350 ist daneben in Teilen in mehreren Parallelüberlieferungen erhalten geblieben und beinhaltet Fasten- wie Fleischrezepte sowie Pasteten- und daneben Schaugerichte.

Auch Zucker fastentauglich

Im 17. und 18. Jahrhundert gab es nur wenige Kochbücher. Sie enthielten Rezepte für die Oberschicht, die sich viel Zucker und exotische Gewürze leisten konnte. Der Gewürzhandel war damals schon rege, in Salzburg erhielt man problemlos Vanille, Zimt und andere exotische Zutaten, vorausgesetzt, man konnte sie sich leisten. „Zucker war zum Beispiel ein immenses Statussymbol. Den hat man dann, wenn man es sich leisten konnte, auch üppig eingesetzt, auch in der Fastenzeit“, erklärt Marlene Ernst.

In vielen Kochbüchern fanden sich Rezepte für aufwendige Süßspeisen mit bunten Verzierungen aus Zuckerguss, detailliert entworfen wie kleine Bauwerke, so Ernst. Süßspeisen standen also ebenso auf dem Fastenplan wie kalorienreiche Flusskrebspasteten.

Nicht unbedingt gesund

Nicht immer war die Religion der Grund fürs Fasten, es gab auch gesellschaftlich-kulturell geprägte Enthaltsamkeitsperioden. Nur um eines ging es nie, meint Marlene Ernst: „Das mit dem Abnehm-Aspekt fehlt völlig. Das finden wir gar nicht.“

Auch Alkoholfasten gab es damals noch nicht. Bier und Wein waren nämlich gerade wegen des Alkoholgehaltes als gesünder angesehen als das oft bakterienverseuchte Trinkwasser.