Junge Frau sitzt erschöpft am Schreibtisch
StockPhotoPro – stock.adobe.com
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Long-Covid-Risiko auch bei Omikron

Tendenziell leichtere Verläufe nach einer Omikron-Infektion dürften nicht davor schützen, an Langzeitfolgen zu erkranken: Dafür gibt es erste Hinweise. Schon bei früheren Varianten hat sich gezeigt, dass auch Infizierte mit mildem Akutverlauf an Long Covid leiden können.

Während bei früheren Varianten die Lunge besonders gefährdet war, zeigt sich die Coronavirus-Infektion bei Omikron meist vor allem in den oberen Atemwegen. Doch das allein bedeutet nicht, dass das Risiko von Langzeitfolgen nach einer Infektion sinkt, warnt die deutsche Long-Covid-Expertin Jördis Frommhold, Chefärztin der Klinik Heiligendamm: Auch bei den anderen Varianten seien nicht nur Patientinnen und Patienten mit schwersten Akutverläufen von Langzeitfolgen betroffen gewesen. Auch bei diesen Varianten seien Personen an Long Covid erkrankt, die nur milde Akutverläufe gehabt haben.

Omikron-Spätfolgen: Keine Entwarnung

Es dauert bis zu drei Monate nach einer Infektion, bis man die Langzeitfolgen abschätzen kann, manchmal auch länger, sagt die Medizinerin. Echte Daten wird es voraussichtlich erst ab dem Frühjahr oder ab dem Sommer geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Long Covid auch hier ein Problem werden kann, ist jedoch hoch, vor allem, wenn man bedenkt, dass Long Covid eine Autoimmunerkrankung sein könnte: also dass sich im Zuge eines viralen Infekts nicht nur „gute“ Antikörper bilden, sondern auch Antikörper, die fehlgeleitet sind, und die sich gegen die körpereigenen Strukturen wenden, sogenannte Autoantikörper.

Für unseren Körper sei es dann ziemlich egal, ob der Kontakt zu dem Virus nur in den oberen Atemwegen stattfindet, oder ob auch tiefere Strukturen betroffen sind, so Jördis Frommhold. Sie warnt davor, einfach zu sagen: „Omikron macht ohnehin nur einen leichten Akutverlauf, wunderbar.“ Möglicherweise füllen sich die Krankenhäuser nicht so massiv wie bei den anderen Wellen, aber jetzt schon Entwarnung zu geben, was die Spätfolgen anbelangt, hält die Ärztin für verfrüht.

Hinweise: Impfung kann Long-Covid-Risiko verringern

Doch wie könnte man Long Covid überhaupt verhindern? Erste Studien aus Grossbritannien und aus Israel deuten darauf hin, dass geimpfte Personen seltener betroffen sind. Selbst im Fall einer Durchbruchsinfektion zeige sich, dass das Risiko für Spätfolgen deutlich reduziert ist, und zwar um fast siebzig Prozent, sagt Frommhold. Allerdings gibt es auch vereinzelt Hinweise, dass durch die Impfung in seltenen Fällen Long Covid ausgelöst werden kann.

Sich an die eigene Belastungsgrenze herantasten

Die Behandlung von Long Covid ist derzeit noch schwierig. Es gibt verschiedene Ansätze wie Pacing, also langsames Trainieren nicht über die Belastungsgrenze hinaus. Wichtig wäre, möglichst schnell mit der Therapie zu beginnen. Das heißt nicht, dass jeder Patient, jede Patientin mit Long Covid in einer stationären Rehaeinrichtung behandelt werden muss, aber: Man könne auch ambulant einiges tun – wenn die strukturellen Gegebenheiten das zulassen. Doch genau hier liegt für viele das Problem, denn es gibt zu wenige Ansprechstellen für Betroffene, und viele müssen Monate auf einen Behandlungstermin warten.