Rotmilan, Greifvögel
RSPB
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Jagd

Viele Greifvögel sterben an Bleivergiftung

Bleimunition von Jägern wird Greifvögeln oft zum Verhängnis: Fressen sie in der Natur zurückgelassenes Aas, ist das Risiko einer Bleivergiftung groß. Das hat merkbare Auswirkungen auf die Greifvogelpopulation in Europa, wie eine neue Studie zeigt.

In den Überresten geschossener Wildtiere stecken oft Schrotkörner oder Geschosssplitter, die überwiegend aus Blei bestehen. Diese Fragmente von giftigem Blei nehmen Greifvögel wie Adler, Habichte und Mäusebussarde auf, wenn sie die angeschossenen Tiere fressen. Bei einer Bleivergiftung erleiden sie einen langsamen und schmerzhaften Tod.

Erstmals beschäftigte sich nun eine Studie mit den Auswirkungen der Bleimunition auf Greifvögel in Europa: Die europäische Gesamtpopulation von zehn Greifvogelarten ist demnach um mindestens sechs Prozent kleiner als sie ohne Bleivergiftungen wäre. Das berechnete ein Forschungsteam der Universität Cambridge anhand von Daten zu Bleigehalten in den Lebern von über 3.000 tot aufgefundenen Greifvögeln in 13 Ländern (Österreich ist nicht darunter). Die Studie, für die das Team aus Cambridge mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung zusammenarbeitete, wurde nun im Fachmagazin „Science of The Total Environment“ veröffentlicht.

See- und Steinadler am stärksten betroffen

Am stärksten betroffen sind demnach Arten wie Adler, die von Natur aus langlebig sind, nur wenige Junge pro Jahr aufziehen und erst später im Leben brüten. Die Population der Seeadler in Europa ist laut Studie heute um 14 Prozent kleiner als sie wäre, wenn die Vögel nicht seit mehr als einem Jahrhundert durch ihre Nahrung tödlichen Dosen Blei ausgesetzt wären.

Seeadler, Greifvögel
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Seeadler ernähren sich überwiegend von Fischen, Wasservögeln und Aas

Mit 13 Prozent folgen der Steinadler, dicht gefolgt vom Gänsegeier mit zwölf Prozent. Die Zahl der Habichte ist um sechs Prozent, die der Rotmilane und der Rohrweihe um drei Prozent kleiner. Bei der Mäusebussard-Population sind es nur 1,5 Prozent, aber auch das entspreche 22.000 Tieren, so die Studienautorinnen und -autoren.

„Gute funktionierende Alternativen zu Bleimunition“

Für die Studie nutzte das Forschungsteam Daten, die seit den 1970er Jahren aus den Lebern von Tausenden toter Greifvögel in 13 Ländern gesammelt wurden. Und es untersuchte den Zusammenhang dieser Daten mit der „Jägerdichte“: der durchschnittlichen Anzahl von Jägerinnen und Jägern pro Quadratkilometer in jedem Land, anhand von Daten der European Federation for Hunting and Conservation. Wenig überraschend wiesen Orte mit einer höheren „Jägerdichte“ mehr vergiftete Raubvögel auf. Die Berechnungen ergaben zudem, dass ein Land, in dem Jäger keine Bleimunition verwenden, keine mit Blei vergifteten Greifvögel hätte.

Steinadler, Greifvögel
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Der Steinadler kommt heute nur noch in Gebirgsgegenden vor

Mittlerweile gebe es gut funktionierende Alternativen zu bleihaltigen Schrotpatronen und Gewehrkugeln, heißt es in der Studie. „Bemühungen, eine freiwillige Umstellung von Bleimunition zu bleilosen Alternativen zu fördern, waren bisher leider völlig wirkungslos“, so Hauptautor Rhys Green. Es habe Jahrzehnte gedauert, bis Forscherinnen und Forscher aus ganz Europa genügend Daten gesammelt hatten, um die Auswirkungen einer Bleivergiftung auf Greifvogelpopulationen berechnen zu können, sagt Koautorin Debbie Pain.

Anhand der Forschung könne man nun sehen, wie erheblich die Auswirkungen von Bleimunition sind. Das vermeidbare Leid und der Tod zahlreicher Greifvögel durch Bleivergiftungen sollte ausreichen, so Pain, um Alternativen durchzusetzen. Derzeit haben nur zwei Länder Europas – Dänemark und die Niederlande – Bleischrot verboten. In Österreich gilt seit 2012 lediglich ein Bleischrotverbot bei der Jagd auf Wasserwildtiere.