drei übergewichtige Chinesen stehen in einem Swimmingpool
Zhang tao – Imaginechina
Zhang tao – Imaginechina
Adipositas

„Kinder zu mehr Bewegung motivieren“

Ein Viertel aller Jugendlichen in Österreich ist übergewichtig, fast acht Prozent leiden unter Adipositas, also unter starkem Übergewicht. Um gegenzusteuern, fordern Expertinnen und Mediziner nun die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für die Kindergesundheit – in dem auch Maßnahmen gegen Übergewicht von Kindern enthalten sind.

Höheres Risiko für Herzerkrankungen, Belastung der Gelenke, Diabetes – all diese Folgen kann Übergewicht in jungen Jahren für die Betroffenen haben, sagt Kinder- und Jugendfachärztin Anna Maria Cavini, ärztliche Direktorin in der Kinder-Jugend-Rehaklinik Bad Erlach. Oft hinterlässt es auch Spuren in der Psyche. „Wir haben viele Kinder betreut, die vom Turnunterricht befreit worden sind, und die beim Ballettunterricht nicht auf die Bühne durften, weil ihnen gesagt wurde: ‚Das will sich ja keiner ansehen, ein übergewichtiges Kind im Tütü.‘ Oder Kinder, die beim Fußballtraining nur ins Tor gestellt wurden, weil sie – O-Ton – ‚doch hier die halbe Torfläche abdecken würden‘.“

Therapiestruktur fehlt

Die Folge: Die Kinder werden oft gemobbt, und sie ziehen sich noch mehr zurück. Umso dringender wäre es notwendig, hier gegenzusteuern – denn eigentlich gibt es bereits einen Nationalen Aktionsplan für die Kindergesundheit – man müsste ihn nur umsetzen, so die Ärztin. Doch derzeit fehle ein flächendeckendes Therapieangebot für diese Kinder und Jugendlichen.

Im Augenblick hänge es davon ab, wie engagiert und motiviert ein niedergelassener Kinder- und Jugendfacharzt ist, die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in seiner Praxis zu übernehmen – teils auch unbezahlt, weil das oft viel Zeit koste und nicht adäquat honoriert werde, so Cavini. Notwendig wäre auch ein strukturierter Versorgungspfad. Denn es gebe zwar einzelne Rehazentren mit dem Schwerpunkt Kinder-Adipositas – aber zu wenige. Zudem würden ausreichend ambulante Nachsorge-Möglichkeiten fehlen.

Mutter-Kind-Pass verlängern

Absolut befürworten würde die Medizinerin auch das im Nationalen Aktionsplan vorgesehene Vorhaben, den Mutter-Kind-Pass zu verlängern. Denn derzeit verliere man viele Kinder ab dem Alter von fünf Jahren – hier endet der Mutter-Kind-Pass. Die Kinder werden dann noch ein Mal pro Jahr in der Schule untersucht und fallen schließlich völlig aus der regelmäßigen Kontrolle, kritisiert die Ärztin. Und zwar genau zu einer Zeit, in der besonders viel passiert und in der Maßnahmen gerade extrem viel bringen könnten.

Motiviert für mehr Bewegung

Etwa Sport und Ernährungstraining in Brennpunktschulen – oder Familienbegleitung wie in dem Projekt „Down and Up“ in Kärnten, bei dem die Kinder einen Nachmittag pro Woche speziell betreut werden. „Die Kinder und Jugendlichen freuen sich jede Woche auf den gemeinsamen Nachmittag“, sagt Cavini, „hier wird drei Stunden gemeinsam gekocht, gelernt, bewegt“. Aaußerdem gebe es ein Einkaufstraining gemeinsam mit den Eltern, bei dem grundlegende Informationen spielerisch umgesetzt werden.

An erster Stelle wäre es jedoch notwendig, die Kinderärztinnen und -ärzte aufzustocken und adäquat zu bezahlen, so die Medizinerin – und eine flächendeckende ambulante Versorgung für Kinder und Jugendliche in allen Bundesländern aufzubauen.