Mülldeponie in Mumbai
AFP/PAL PILLAI
AFP/PAL PILLAI
Emissionen

Mülldeponien sind Methanhotspots

Methanemissionen haben einen großen Anteil an der anhaltenden Klimaerwärmung. Besonders viel stammt aus Mülldeponien, wie Satellitendaten nun zeigen. Methanhotspots zu lokalisieren und Maßnahmen gegen das kurzlebige Gas zu setzen, könnte die Erderwärmung rasch abschwächen.

„Mindestens ein Viertel der heutigen Erderwärmung ist auf die weltweiten Methanemissionen zurückzuführen“, erklärt Joannes Maasakkers gegenüber science.ORF.at. Laut dem Experten vom niederländischen Institut für Weltraumforschung kann Methan unter anderem Wärme in der Atmosphäre speichern und so zur Erderwärmung beitragen. Nach Kohlenstoffdioxid gilt es als das zweitwichtigste Gas, das Einfluss auf das globale Klima hat.

Weniger Emissionen – rasche Wirkung

Die negativen Effekte, die Methan auf die Atmosphäre und damit auch das Klima hat, sind laut Maasakkers natürlich ein Problem – aber: „Methan ist nur recht kurzlebig und hält sich im Gegensatz zu CO2 nur zehn bis zwölf Jahre in der Atmosphäre.“ Entsprechende Maßnahmen, um die Methanemissionen zu senken, würden daher auch rasch Wirkung zeigen und die Klimaerwärmung in kurzer Zeit spürbar reduzieren.

Um jedoch Maßnahmen gegen die Methanemissionen zu setzen, müssen die Orte, an denen besonders viel Gas ausgestoßen wird, erst gefunden werden. Maasakkers hat es sich daher mit einem internationalen Team zur Aufgabe gemacht, die globalen Methanhotspots zu lokalisieren und genauer zu untersuchen.

Hotspot-Suche aus dem All

Dafür nutzte das Forschungsteam globale Methandaten aus den Jahren 2018 und 2019, die vom Überwachungssystem TROPOMI auf dem Copernicus-Sentinel-5-Precursor-Satelliten gesammelt wurden. Maasakkers: „Mit den Daten konnten wir ungefähr jene Regionen bestimmen, an denen besonders viel Methan ausgestoßen wird.“ Die exakten Orte, die für die hohen Methanemissionen verantwortlich sind, konnten die Forscherinnen und Forscher anhand der TROPOMI-Daten aber noch nicht lokalisieren.

Unter Berücksichtigung von Windstärken und -richtungen engte das Team die möglichen Ursprünge des Methangases weiter ein und nutzte anschließend detailliertere Aufnahmen des GHG-Satelliten (Greenhouse Gas Satellite), um die berechneten Hotspots genau zu lokalisieren. Das Ergebnis präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Science Advances“.

Mülldeponien als Methanquelle

„Beim Betrachten der Daten ist uns aufgefallen, dass in urbanen Regionen oft sehr viel Methan ausgestoßen wird. Beim näheren Hineinzoomen der Satellitenbilder hat sich gezeigt, dass eine große Menge des Gases in Mülldeponien entsteht“, so Maasakkers. Die Forscherinnen und Forscher konnten vier große Methanhotspots lokalisieren – in Mülldeponien in Buenos Aires (Argentinien), Mumbai und Delhi (Indien) sowie Lahore (Pakistan).

Mülldeponie in Mumbai
AFP/PAL PILLAI
Mülldeponie in Mumbai

Obwohl der Methanausstoß von Mülldeponien laut Maasakkers bisher kaum empirisch untersucht wurde, gab es bereits Schätzungen zu den generellen Methanemissionen einzelner Städte. Die vom Forschungsteam berechneten Emissionsmengen waren in Buenos Aires, Mumbai, Delhi und Lahore aber 1,4- bis 2,6-mal höher als in diesen früheren Schätzungen. Laut dem Forschungsteam haben die dort lokalisierten Mülldeponien einen großen Anteil daran – bis zu 48 Prozent der Methanemissionen einzelner Städte könnten demzufolge von derartigen Mülldeponien herrühren.

Organischer Müll sorgt für Emissionen

Warum Mülldeponien so viel Methan produzieren, ist laut Maasakkers leicht erklärt: „Dort lagert auch viel organisches Material, das oft ohne Sauerstoffzufuhr von Bakterien zersetzt wird. Diese Bakterien produzieren Methan, das später an die Atmosphäre abgegeben wird.“

Laut dem Weltraumforscher gibt es daher ein paar Maßnahmen, die gegen die starken Methanemissionen effektiv wären. Maasakkers: „Generell sollten wir global versuchen, weniger organischen Müll zu produzieren.“ Wenn dieser Müll aber trotzdem weiterhin entsteht, müsse darauf geachtet werden, ihn nicht auf Mülldeponien zu entsorgen. „Stattdessen sollte man ihn kompostieren oder zur Herstellung von Biogas verwenden“, so der Weltraumforscher.

Sollte organisches Material dennoch weiterhin auf Mülldeponien landen, gibt es laut Maasakkers auch Maßnahmen wie das Abdecken der Deponie und das Installieren von entsprechenden Methanspeichern, um die Emissionen zu senken.

Forschung mit viel Potenzial

Mehr über die klimatischen Auswirkungen der Müllentsorgung zu erfahren ist laut Maasakkers wichtiger denn je. Bisherige Schätzungen ergaben etwa, dass die weltweiten Müllmengen auf Deponien bis zum Jahr 2050 mehr als doppelt so schnell wachsen werden wie die globalen Bevölkerungszahlen.

Die vier vom Forschungsteam lokalisierten Mülldeponien seien dabei nur ein paar wenige Beispiele für Methanhotspots auf der ganzen Welt. „Neben zahlreichen weiteren Mülldeponien stoßen auch zum Beispiel Kohleminen und -kraftwerke viel Methan aus“, so der Weltraumforscher. Mit der Methode des Forschungsteams und anhand von Satellitenbildern sei es auch möglich, diese weiteren Hotspots aufzuspüren und entsprechende lokale Maßnahmen zu setzen.

Generell sieht Maasakkers künftig viel Potenzial in der Nutzung von Satelliten und der genauen Analyse der Bilder, um mehr über die globalen Treibhausgasemissionen in Erfahrung zu bringen.