Screenshot der Coronavirus-Statistik von ORF.at
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Corona & Co.

Monitoringsysteme weiter lückenhaft

Mit dem Herbst werden Atemwegserkrankungen häufiger – auch Covid wird wieder eine größere Rolle spielen. Seitens der Regierung wurde vor dem Sommer betont, dass man die entsprechenden Monitoringsysteme ausbauen möchte. Eine Nachfrage in der Wissenschaft zeigt: Es gibt noch viel zu tun.

In Vor-Pandemie-Zeiten, als sich jedes Jahr nach Weihnachten die Grippe ausgebreitet hat, war es das sogenannte Sentinel-System, mit dem man Erreger und Krankheit beobachtet hat. Ein Teil dieses Systems läuft an der Virologie der Medizin-Universität Wien zusammen, sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz: „Wir haben ungefähr 200 Ärztinnen und Ärzte in ganz Österreich, die von Patienten mit Atemwegsinfekten Nasen-Rachen-Abstriche nehmen und uns schicken. Wir analysieren, ob Influenza in dieser Probe enthalten ist.“

Richtige Frage fehlt

Grundsätzlich werden alle Proben seit März 2020 auch auf Sars-CoV-2 gescreent, und es gebe auch noch einen Analyseteil, für den die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit verantwortlich zeichnet. Das System insgesamt sei aber zu klein, um ein umfassendes Corona-Monitoring machen zu können, so die Virologin. Sinnvoll wäre, eine regelmäßige Stichprobe etwa in Pflegeheimen zu nehmen und gezielt zu analysieren: „Zuerst muss eine gute Fragestellung da sein, und danach kann man das richtige Sentinelsystem etablieren.“

Das Problem: Die Frage wurde nicht definiert, dementsprechend das System auch nicht erweitert, um im Herbst zusätzliches Monitoring zu übernehmen. Ebenfalls noch lückenhaft ist die Dokumentation der Spitalsaufnahmen, wenngleich sie über den Sommer erweitert wurde, wie der Komplexitätsforscher Peter Klimek sagt: „Momentan geht ein Spital nach dem anderen ans Netz, es sind aber bislang nicht alle Spitäler und auch nicht alle Bundesländer abgebildet. Wir sind deshalb noch ein Stück davon entfernt, dass man sich jetzt nur noch auf die Daten im Covid-Register verlassen könnte.“

Eine Rückfrage bei Gesundheit Österreich, für das Spitalsregister verantwortlich, zeigt: Von 110 öffentlich finanzierten Spitälern melden derzeit 70 Informationen zu Covid-assoziierten Fällen in das Register ein.

Herbstwelle: Immunstatus fehlt

Schon länger gefordert werden Stichprobentests, also eine definierte Gruppe von Menschen, die sich regelmäßig testen lässt. Kombiniert mit Antikörpertests und damit Informationen über die Immunität in der Bevölkerung, könnte man aktuell besser einschätzen, wie die Herbstwelle verlaufen wird, so Peter Klimek. Bisher habe man sich politisch aber nicht dazu entschlossen, solche Tests machen zu lassen.

„Zeitpunkt, um Lehren zu ziehen“

Mit jedem Herbst werden auch andere Atemwegserkrankungen häufiger. Es sei Zeit, das Infektmonitoring auf breitere Beine zu stellen, so der Forscher: „Gerade jetzt, wo die Situation mit den aktuellen Varianten nicht ganz so herausfordernd ist, wäre der richtige Zeitpunkt, um die Lehren zu ziehen, wie wir uns für die nächsten Infektionswellen besser aufstellen können.

Und da sollte das Monitoring von allen schweren Atemwegsinfekten weit oben auf der Liste stehen.“ Denn letztlich gehe es darum, die Belastung im Gesundheitssystem insgesamt im Blick zu behalten – und daraus in Sachen Prävention und Versorgung weiter zu lernen.