Unke, Gelbbauchunke, Bombina variegata
PIXATERRA – stock.adobe.com
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Lebensraum

Unken gleichen Störungen durch Menschen aus

Gelbbauchunken leiden unter Störungen durch menschliche Aktivitäten. Dank eines speziellen Mechanismus können sie die negativen Effekte aber ausgleichen und so ihr Überleben sichern, wie ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung herausfand.

Eine der Hauptursachen für den Rückgang der biologischen Vielfalt sind die massiven Veränderungen der Erdoberfläche und die Zerstörung von Lebensräumen durch den Menschen. In stark vom Menschen veränderten Gebieten überleben weniger erwachsene Gelbbauchunken, sie altern schneller und weisen kürzere Generationszeiten auf.

Der Mechanismus, den die Forscherinnen und Forscher im Fachjournal „PNAS“ beschreiben, ermöglicht es den Tierpopulationen dennoch selbst in stark gestörten Umgebungen zu überleben. Im Rahmen der Studie untersuchte Hugo Cayuela vom Nationalen wissenschaftlichen Forschungszentrum (CNRS) in Frankreich gemeinsam mit einem Team aus sieben Ländern den Einfluss etwa von Land- und Forstwirtschaft u. a. auf Sterblichkeit und Populationsstabilität der Gelbbauchunke (Bombina variegata).

Daten aus 25 Jahren

In die Studie sind Daten über einen Zeitraum von 25 Jahren von fast 21.000 Individuen der gefährdeten und geschützten Amphibienart aus 67 Populationen in Westeuropa eingeflossen. Es zeigte sich, dass die Unken in von Menschen beeinflussten Umgebungen im Vergleich zu natürlichen Lebensräumen eine geringere Überlebensrate bei erwachsenen Tieren, eine beschleunigte Alterung und kürzere Generationszeiten aufwiesen.

Allerdings wird die erhöhte Sterblichkeit dadurch kompensiert, dass neue Tiere in ausreichender Zahl in die Erwachsenenpopulation nachkommen – rascher als das in den ungestörten Lebensräumen beobachtet wurde. Gründe dafür sind die vermehrte Fortpflanzung bzw. höhere Überlebensraten von Jungtieren. Damit wurde die höhere Sterblichkeit kompensiert und die langfristige Lebensfähigkeit der Populationen gesichert.

Anzeichen schon vor 40 Jahren im Waldviertel beobachtet

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nennen diesen Mechanismus „kompensatorische bzw. ausgleichende Rekrutierung“. Er war selbst an Orten wirksam, an denen Bergbau und Forstwirtschaft intensiv betrieben und nur begrenzt reguliert wurden. Der genaue Mechanismus sei noch nicht wirklich verstanden, so sei noch unklar, wie weit genetische Anpassungen beteiligt sind, erklärt Günter Gollmann vom Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien.

„Im wesentlichen geht es darum, dass Tiere in Lebensräumen mit hoher Sterblichkeitsrate schon früh im Leben stärker in die Fortpflanzung investieren und damit weniger in Wachstum und Selbsterhaltungsfunktionen“, so der an der Studie beteiligte Wissenschaftler gegenüber der APA. Schon bei Erhebungen zu seiner Doktorarbeit vor über 40 Jahren sei ihm aufgefallen, so Gollmann, dass Unken in aktiven Steinbrüchen im Waldviertel deutlich kleiner als jene in stillgelegten Abbaugebieten waren.

„Dennoch Anzeichen von Rückgang“

Für Cayuela zeigte der außergewöhnliche Umfang der Studie, dass die „kompensatorische Rekrutierung“ ein wichtiger Mechanismus sein könnte, der den langfristigen Fortbestand bestimmter Tierpopulationen in stark veränderten und häufig gestörten Lebensräumen gewährleistet. Obwohl der Mechanismus Populationen von Gelbbauchunken ermöglicht, in stark veränderten Lebensräumen zu überleben, sei es „wichtig zu bedenken, dass fast 45 Prozent der untersuchten Populationen dennoch Anzeichen eines Rückgangs aufweisen“.