Viren

Trisomie 21 lässt Infektionen schwerer verlaufen

Ein Forschungsteam aus den USA zeigt in einer neuen Studie: Menschen mit Down-Syndrom erkranken zwar seltener an Virusinfektionen, dafür aber schwerer. Verantwortlich ist eine Fehlregulation bei der Immunantwort.

Menschen mit Down-Syndrom werden häufiger mit Grippe oder dem schweren akuten respiratorischen Syndrom infolge einer CoV-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert als Menschen ohne die Chromosomenanomalie. Nach einer viralen Infektion entwickeln sie häufiger eine Lungenentzündung oder eine Sepsis. 20 bis 40 Prozent der Todesfälle bei Menschen mit Down-Syndrom stehen in Verbindung mit einem Virus. Warum die Betroffenen so schwer an Virusinfektionen erkranken, zeigt jetzt eine Studie, die im Fachmagazin “Immunity" erschienen ist. Die Forschenden aus den USA haben dafür eine spezielle Funktion des Immunsystems untersucht.

Starke Immunreaktion

Interferone sind wichtige Botenstoffe, die bei einer Infektion im Körper ausgeschüttet werden und helfen, Viren abzuwehren. Dafür binden sie an einen bestimmten Rezeptor und informieren umliegende Zellen über das Virus. Anschließend wird ein Mechanismus ausgelöst, der dafür sorgt, dass die Botenstoffe nicht mehr an ihre Rezeptoren binden können. Diese negative Rückkopplung ist wichtig, denn werden zu viele Interferone ausgeschüttet, kann es zu einer Entzündungsreaktion kommen.

Menschen mit Down-Syndrom besitzen ein zusätzliches Chromosom 21, deshalb spricht man auch von Trisomie 21. Die Anomalie äußert sich meist durch körperliche und geistige Behinderungen. Auf dem Chromosom 21 sitzt auch der Bauplan für die Rezeptoren der Interferone. Das heißt, weil bei Betroffenen das Chromosom dreimal statt zweimal vorliegt, haben sie auch mehr Rezeptoren als gewöhnlich, was sie hypersensibel für den Botenstoff macht. Infizieren sich Menschen mit Trisomie 21 also mit einem Virus, ist die Immunantwort darauf zunächst sehr stark und sie werden seltener krank.

Nur die Spitze des Eisberges

Die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch: Die Überaktivität der Botenstoffe und ihrer Rezeptoren führt auch zu einer Überaktivität der negativen Rückkopplung. Dadurch werden die Botenstoffe übermäßig dran gehindert, an ihren Rezeptoren zu binden. Das verhindert, dass der Körper weitere wichtige Schritte zur Virusabwehr in Gang setzen kann. Diese Unterregulation führt dazu, dass Menschen mit Down-Syndrom viel schwerer an Virusinfektionen erkranken, wenn sie einmal infiziert sind.

Studienautorin Louise Malle bezeichnet diese Erkenntnis allerdings nur als „die Spitze des Eisberges“. Denn es müsse noch viel über das komplexe Immunsystem von Menschen mit Down-Syndrom erforscht werden. In der Studie schlagen sie und die anderen Autorinnen und Autoren vor, dass eine vorübergehende Unterbrechung oder Unterdrückung eines bestimmten Teils dieser Immunantwort Menschen mit Trisomie 21 helfen könnte, einen Virus zu bekämpfen. Das müsse aber noch weiter untersucht werden.