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Grüne Städte

CO2-Abluft als Booster für Dachgärten

Ein Forschungsteam der Universität Boston hat ein System entwickelt, durch das Pflanzen auf Dachgärten mit der kohlendioxidhaltigen Abluft des Gebäudes „gedüngt“ werden. So können selbst abgestandene Luft noch nachhaltig verwertet und grüne Ökosysteme im urbanen Raum gefördert werden.

In dichtbesiedelten Städten ist jedes Fleckchen Grün wertvoll und gerade Dächer bieten sich als großer ungenutzter Raum zur Bepflanzung an. Auf Dachflächen Pflanzen anzubauen, hat gleich mehrere Vorteile: Die Umgebung wird kühler und die Gebäudedämmung verbessert, die Luftqualität steigt – und dazu gibt es noch frisches Gemüse, Obst und Kräuter.

Gerade für eine reiche Ernte sind die Bedingungen auf Dächern allerdings meist nicht ideal: Starke Sonneneinstrahlung, Wind und geringe Bodenfeuchtigkeit wirken sich negativ auf das Pflanzenwachstum aus. Die Forscherinnen und Forscher der Universität Boston stellten die Theorie auf, dass die Wiederverwertung des CO2 aus der Abluft von Gebäuden als eine Art Dünger einige dieser Probleme lösen könnte. Um diese Theorie zu untersuchen, bauten sie Spinat und Mais auf einem Dach des Universitätscampus an.

Ungenutzte Ressource Atemluft

„Wir wollten testen, ob es innerhalb von Gebäuden eine ungenutzte Ressource gibt, die genutzt werden könnte, um Pflanzen auf Dachgärten besser wachsen zu lassen“, sagt Sarabeth Buckley, die Leiterin des Forschungsteams und Erstautorin der Studie, die nun im Fachjournal „Frontiers in Sustainable Food Systems“ erschienen ist. Die ungenutzte Ressource, die die Forscherinnen und Forscher fanden, wird von den Menschen, die in einem Gebäude leben und arbeiten, selbst erzeugt: die Atemluft.

„Bei CO2-Messungen wurden hohe Konzentrationen sowohl in den Räumen als auch an den Abluftöffnungen auf den Dächern festgestellt, wenn sich Menschen im Gebäude aufhielten“, sagt Buckley. „Die CO2-Konzentrationen in den Räumen lagen im Durchschnitt über 1.000 ppm – dem empfohlenen Grenzwert – und an den beiden Abluftöffnungen auf dem Dach über 800 ppm.“ Das sei hoch genug, um das Wachstum von Pflanzen zu fördern.

Testpflanzen Spinat und Mais

Um herausfinden, ob diese Abluft mit erhöhter CO2-Konzentration tatsächlich einen wachstumsfördernden Effekt hat, bauten die Forscherinnen und Forscher Spinat und Mais auf dem Dach an. Die Wahl fiel auf diese beiden Pflanzen, weil sie einerseits beide essbar sind und weil sie andererseits zwei unterschiedliche Arten der Photosynthese nutzen. Spinat gehört zu den C3-Pflanzen. Diese reagieren empfindlicher auf erhöhte CO2-Werte und sollten daher stärker vom CO2-Gehalt der Abluft profitieren. Mais, eine C4-Pflanze, diente in der Studie als Kontrollpflanze.

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Hat Spinat mehr CO2 für die Photosynthese zur Verfügung, kann er besser wachsen

Die Pflanzen wurden teils direkt neben den Abluftöffnungen und teils weiter davon entfernt angebaut. Neben jene Pflanzen, die nicht der kohlendioxidhaltigen Abluft ausgesetzt waren, wurden stattdessen Ventilatoren aufgestellt, um ausschließen zu können, dass die Luftbewegung zu Wachstumsunterschieden beiträgt. Außerdem wurden die CO2-Konzentrationen von 20 Räumen des Universitätsgebäudes und bei den beiden Abluftöffnungen auf dem Dachgarten regelmäßig gemessen, um festzustellen, wie viel zusätzliches CO2 die Pflanzen erreichte.

Vierfache Spinaternte am Abluftschacht

Während des Wachstums wurde die Größe und die Anzahl der Blätter regelmäßig kontrolliert. Das Ergebnis: Die Spinatpflanzen, die neben den Abluftöffnungen angepflanzt worden waren, brachten viermal mehr Ertrag, als die Spinatpflanzen neben den normalen Ventilatoren. Selbst unter dem Einfluss von starkem Wind, wurden die Spinatpflanzen neben der CO2-Quelle noch immer doppelt so groß.

Dieser signifikante Wachstumseffekt deute darauf hin, dass das System den Ertrag und damit die Rentabilität von Dachgärten im urbanen Raum erheblich steigern könne, heißt es in der Studie. Das Treibhausgas, das sonst als Abfallprodukt angesehen werde, könne so außerdem wiederverwertet werden.

„Wir hoffen, dass dieses System weiterentwickelt und schließlich in Dachgärten eingesetzt werden kann“, so Erstautorin Buckley. Denn begrünte Dächer bieten viele ökologische und soziale Vorteile: Von Energieeinsparungen für Gebäude und Temperatursenkung in der Stadt bis zur lokalen Lebensmittelproduktion und der Möglichkeit innerhalb der Nachbarschaft Kontakte zu knüpfen. Und nicht zuletzt sei ein Garten auf dem Dach auch ein Ort, der schön anzusehen ist und das psychische Wohlbefinden fördert.