Lochball eines Organoids
Keisuke Ishihara
Keisuke Ishihara
Biologie

Video: Das Innere von Mini-Organen

Wenn Organismen wachsen, entwickeln sich ihre Organe unterschiedlich: Gehirne etwa anders als Nieren. Das bei lebenden Embryonen zu untersuchen, ist schwierig. Wiener Fachleute haben deshalb nun künstliche Mini-Organe bei ihrer inneren Entwicklung gefilmt – und konnten sie dabei gezielt beeinflussen.

Am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien wird schon seit Jahren an diesen Mini-Organen – sogenannten Organoiden – geforscht. Ein Team um Elly Tanaka untersuchte nun, wie sich Gehirn-Organoide aus Stammzellen der Maus entwickeln. Sie dienen als Modell für frühe Stadien der Gehirnentwicklung. „Wir analysierten in dieser Studie die dreidimensionale Gestalt von über hundert Organoiden“, erklärte Tanaka. „Acht davon haben wir im Laufe von zwei Tagen gefilmt."(Beispiel: siehe Video)

"Das Nervengewebe formte kleine Lappen, die zu einem Netzwerk von langen Röhren fusionierten, die sich wiederum zu einer Struktur verbunden haben, welche an einen Lochball erinnert“, so Keisuke Ishihara in einer Aussendung des IMP. Die Fachleute identifizierten in einer Studie, die soeben im Fachjournal „Nature Physics“ erschienen ist, zwei Fusionstypen: Die „trans-Fusion“, bei der zwei getrennte Lappen verschmelzen, und die „cis-Fusion“, wenn eine Röhre so lang ist, dass ein Ende mit dem anderen zusammengeschweißt wird.

Von Löchern zu Noppen

Mittels Methoden der theoretischen Physik konnten die Forscherinnen und Forscher diese Vorgänge erklären, und sie stellten Formeln auf, um sie zu beschreiben. Durch pharmakologische Eingriffe beeinflussten sie zudem die Entwicklung: So wurden etwa unter dem Einfluss von „Retinsäure“ (die bekanntermaßen einen Einfluss auf das Wachstum und die Entwicklung von Zellen hat) die cis- und trans-Fusionen seltener und die Organoide entwickelten sich nicht zur Lochballform, sondern hatten so viele vorstehende Lappen und Röhrchen, dass sie eher einem Noppenball glichen, so Tanaka.

Mit ihrer Methode lässt sich die Entwicklung von Zellhaufen zu spezialisierten Organen besser verstehen, betonen die Fachleute. In Zukunft wollen sie diese auch auf andere Gewebsarten anwenden, etwa auf Herzgewebe. Letztlich könnte das zu Werkzeugen führen, mit denen man maßgeschneiderte Organe herstellen kann.