Künstlerische Darstellung des Planetensystems um Kepler-138, im Vordergrund der Planet Kepler-138 d
STScI
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Astronomie

Von Ozean umhüllter Exoplanet entdeckt

Einen Exoplaneten, dessen fester Kern vollständig von einem 2.000 Kilometer tiefen Ozean umhüllt wird, hat ein internationales Team – darunter auch Grazer Forscherinnen und Forscher – in den Weiten des Weltalls ausgemacht. Der „Wasserplanet“ ist von flüchtiger Atmosphäre umgeben, sein Stern ist rund 200 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt.

Kepler-138 ist als sogenannter „Roter Zwerg“ deutlich kleiner und kühler als unsere Sonne. Der Stern, der außerhalb unseres Sonnensystems liegt, wird von mehreren Planeten umkreist, schilderte Mitautor Luca Fossati vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF)gegenüber der APA.

Sie wurden 2014 entdeckt und von den Weltraumteleskopen Hubble und Spitzer beobachtet. Nun wurde in diesem Planetensystem Überraschendes beim Planeten Kepler-138d, der etwa 1,5 Mal so groß wie die Erde ist, festgestellt. Die Erkenntnisse wurden im Fachjournal „Nature Astronomy“ veröffentlicht.

Gesteinsplaneten und Mini-Neptune

Bis heute sind bereits rund 5.000 Exoplaneten – Himmelskörper außerhalb des Sonnensystems – bekannt. Exoplaneten die weniger als 1,7 Erdradien haben, wurden bisher den Kategorien der Gesteinsplaneten oder der Mini-Neptune zugeordnet: Gesteinsplaneten umkreisen ihren Stern meist auf sehr engen Umlaufbahnen, wodurch sie mit der Zeit ihre Atmosphären durch den Einfluss der stellaren Strahlung verlieren.

Innerer Aufbau der Erde im Vergleich zu Exoplanet Kepler-138 d
Benoit Gougeon, Université de Montréal
Innerer Aufbau der Erde im Vergleich zu Exoplanet Kepler-138 d

Die kleinen, gasförmigen Mini-Neptune hingegen reicherten bei ihrer Entstehung so viel Wasserstoffgas an, dass sie es – wie auch die großen Gasplaneten im äußeren Sonnensystem – nicht mehr in den Weltraum verlieren konnten. Selbiges gilt laut dem Grazer Weltrauminstitut auch für sogenannte Hycean-Planeten, hypothetische Himmelskörper, die von einem heißen Wasserozean und einer entsprechend sehr wasserstoffreichen Atmosphäre umgeben sind.

Bei Kepler-138d sind die Verhältnisse speziell: Laut den Simulationen der IWF-Wissenschaftlerin und Mitautorin Daria Kubyshinka wäre es nahezu unmöglich, dass der Planet eine Wasserstoffhülle hat: Sie wäre innerhalb von zehn Millionen Jahren ins Weltall verloren gegangen. Nachdem sein Alter auf rund eine bis 2,7 Milliarden Jahre geschätzt wird, könne es sich also nicht um einen Mini-Neptun oder Hycean-Planeten handeln.

Kepler-138d erster „Ozeonplanet“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mithilfe der Weltraumteleskope Planetentransits von Kepler-138d beobachtet. Dabei zieht der Planet in einer Art Ministernenfinsternis vor seinem Heimatstern vor und schwächt dessen Licht dabei leicht ab. Aus der Stärke dieser Abschwächung lässt sich die Größe und Schwere des Planeten berechnen und die Existenz einzelner chemischer Elemente in der Atmosphäre nachweisen. Die Daten wurden durch Radialgeschwindigkeitsmessungen ergänzt. Sie alle brachten vorerst keinen Nachweis für flüssiges Wasser.

Durch den Vergleich von Größe und Masse des Exoplaneten mit Simulationsmodellen kam das Astronomenteam jedoch zu dem Schluss, dass ein erheblicher Teil seines Volumens aus einer Materie bestehen sollte, die leichter als Gestein, aber schwerer als Wasserstoff oder Helium sind: Das häufigste dieser möglichen Substanzen wäre Wasser.

„Gekoppelte Modellierungen des Planeteninneren und der Atmosphärenstruktur, die mit den aufwendigen Beobachtungen übereinstimmen, bestärkten die Annahme, dass der erdähnliche Gesteinskern von Kepler-138d sehr wahrscheinlich von einem 2.000 Kilometer tiefen Wasserozean und einer flüchtigen Atmosphäre umgeben ist“, so Fossati. Der Ozean auf Kepler-138d wäre demnach also 500-mal tiefer als der durchschnittliche irdische Ozean. Sogenannte „Ozeanplaneten“ wurden seit rund 20 Jahren hypothetisch angenommen. An der ersten entsprechenden Publikation war IWF-Gruppenleiter Helmut Lammer ebenso beteiligt, wie an der aktuellen Studie. Kepler-138d scheint nun der erste extrasolare Planet zu sein, auf den die Bezeichnung wirklich zutrifft.

Leben eher unwahrscheinlich

Lammer hat 2013 Habitate von Planeten mit großen Wasserschichten über einem felsigen Kern definiert: Die möglichen Lebensbedingungen bei solchen potenziellen Habitaten (Habitat der Klasse V) richten sich dabei nach den Extrembedingungen in der Tiefsee. „Bei Kepler-138d handelt es sich jedoch um eine Subklasse eines solchen Habitats,“ erklärte Lammer. Denn eine 2.000 Kilometer dicke Wasserdecke ist außerordentlich schwer, wodurch in der untersten Wasserschicht – wo sich Wasser und Fels berühren – sehr hoher Druck herrscht.

„Aufgrund der riesigen Wassermenge bildet sich sehr wahrscheinlich Hochdruckeis oder sogar Wasser in einer anderen Phase, die bei hohem Druck auftritt, einer so genannten überkritischen Flüssigkeit. Diese extremen Zustände blockieren den Kontakt zwischen dem Wasser an der Oberfläche und den Mineralien im darunterliegenden Gesteinskörper.“ Das würde die Entstehung von Leben, wie wir es kennen, verhindern. Dass man auf Kepler-138d Leben finden könnte, wird dadurch also eher unwahrscheinlich.