Drei Würfel mit Gesichtern, ein neutrales, ein trauriges und ein lächelndes – unter einer Lupe
fidaolga – stock.adobe.com
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Psychologie

Optimismus trotz Krisen

Bei all den aktuellen Krisen auf der Welt ist es nicht einfach, optimistisch zu bleiben. Die Wissenschaft kann dabei helfen, indem sie positive Entwicklungen genauso thematisiert wie Probleme, meint eine Psychologin. Sie rät auch zu individuellen Methoden für mehr Optimismus – etwa das Führen eines „Dankbarkeitstagebuchs“.

Vieles wird teurer, in Teilen der Welt herrscht Krieg, die Klimaerwärmung wird zu einem immer größeren Problem und das Coronavirus begleitet die Menschen seit knapp drei Jahren: Die Gründe, pessimistisch zu sein, häufen sich – auch mit den Krisenzeiten werden Menschen aber auf ganz unterschiedliche Weise fertig.

Optimismus und Pessimismus sind laut der Motivationspsychologin Veronika Job von der Universität Wien eigentlich normale Charaktereigenschaften – manche Menschen gehen von Haus aus hoffnungsvoller durchs Leben als andere. Gleichzeitig hängt die eigene Lebenseinstellung aber oft stark von äußeren Faktoren ab. „Es gibt viele situative Einflüsse, und wie eine Person eine Sache beurteilt, kann von Situation zu Situation ganz unterschiedlich sein“, erklärt Job gegenüber science.ORF.at. In besonders schwierigen Zeiten falle es demnach auch eingefleischten Optimistinnen und Optimisten manchmal schwer, ihre positive Sichtweise zu behalten.

Positive Einstellung hilft durch Krisen

Generell hat eine optimistische Einstellung laut Job aber einige Vorteile. Immer wieder belegen Studien etwa, dass optimistischere Personen generell gesünder sind und länger leben.

Sie sind laut der Motivationspsychologin unter anderem auch stärker daran interessiert, aktiv etwas gegen ihre mentalen und körperlichen Probleme zu unternehmen. Das habe sich zum Beispiel in den Zeiten der CoV-Lockdowns gezeigt. „Menschen, die positiv denken, nutzen eher die ihnen zur Verfügung stehenden Strategien, um mit schwierigen Situationen umzugehen“, erklärt die Motivationspsychologin. Dazu zähle unter anderem auch soziale Unterstützung, etwa aus dem Kreis der Familie. Während der Lockdowns waren Optimistinnen und Optimisten demnach eher dazu bereit, über ihre Probleme zu sprechen, die CoV-Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten und sich mit anderen Personen körperlich und an der frischen Luft zu betätigen.

Außerdem sind sie laut Job auch in schwierigen Lagen oft noch dazu in der Lage, das Positive zu sehen. Im Falle eines Jobverlusts laufen sie demnach etwa weniger Gefahr, negativen oder sogar depressiven Gedanken zu verfallen – stattdessen konzentrieren sie sich oft auf Erfreulicheres, wie zum Beispiel die zusätzliche Zeit mit der Familie und künftige Berufsaussichten.

Unrealistische Hoffnungen

Eine zu optimistische Lebenseinstellung birgt laut Job aber ebenfalls Gefahren. Wichtig sei, darauf zu achten, nicht alles durch die sprichwörtliche rosa Brille zu sehen. „Neben dem gesunden Optimismus gibt es auch einen sogenannten unrealistischen Optimismus“, erklärt die Motivationspsychologin. Davon spricht man in der Psychologie, wenn sich Personen in bestimmten Situationen überschätzen und davon ausgehen, dass ihnen nichts passieren kann“, so Job.

Als Beispiel dafür nennt die Motivationspsychologin die Einstellung einiger Kettenraucher. Sie seien sich der Gefahr des Rauchens zwar durchaus bewusst, gehen aber oft davon aus, selbst nie an Lungenkrebs erkranken zu können. Realität und Hoffnung in der Waage zu halten, ist laut Job für ein gesund-optimistisches Leben unabdingbar.

Wissenschaft und Medien gefragt

Dabei könnten laut Job vor allem die Wissenschaft und Medien helfen. „Die Wissenschaft und Forschung hat hier eine doppelte Funktion. Einerseits muss sie natürlich die Realität abbilden und auf Risiken akkurat hinweisen – andererseits sollte sie aber auch Hoffnung machen und den Menschen zeigen, dass es Wege aus der jeweiligen Krise gibt“, so die Motivationspsychologin.

Science Talk

Wie Wissenschaft und Forschung dabei helfen können, den Optimismus in der Bevölkerung auch in Krisenzeiten zu bewahren, ist auch Thema des „Science-Talks“ vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung am 23. Jänner 2023.

Job fordert daher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Fachjournale und auch Wissenschaftsredaktionen dazu auf, neben den Problemen und Krisen auch Erfolgsgeschichten und positive Entwicklungen stärker zu thematisieren. „Das informiert die Menschen über die Realität, aber gibt ihnen doch wiederum eine positive Perspektive und Hoffnung“, so die Psychologin.

Wege zu mehr Optimismus

Neben dem, was die Wissenschaft und Medien zu einer positiveren Einstellung in der Bevölkerung beitragen können, gibt es laut Job auch noch individuelle Methoden, die eigene Sichtweise in Krisenzeiten zu ändern. In besonders schwierigen und ausweglosen Lagen empfehle sich etwa immer ein Gespräch mit dafür ausgebildeten Psychologinnen und Psychologen.

Sofern die Situation nicht ganz ausweglos erscheint, können Betroffene laut Job aber auch selbst an ihrer Einstellung arbeiten. „In jüngster Zeit gibt es immer mehr Ansätze, die neuere Technologien nutzen und keinen großen Zeitaufwand erfordern. Es gibt zum Beispiel immer mehr Apps für das Smartphone, die das Ziel haben, den Menschen eine positivere Sichtweise zu ermöglichen“, erklärt die Motivationspsychologin. „Solche technologiebasierten Angebote werden in Zukunft wahrscheinlich noch häufiger.“

Für mehr Optimismus im Leben hat Job aber auch einen Tipp, der ohne Technologie oder Therapiesitzungen auskommt. „Es kann natürlich jeder selbst versuchen, sich auch in Krisenzeiten auf positive Aspekte des Lebens zu fokussieren – dabei helfen kann ein sogenanntes Dankbarkeitstagebuch“, sagt Job. Darin können Personen in schwierigen Lagen festhalten, wofür sie dennoch dankbar sind, wer sie unterstützt oder auf was sie sich nach der Krise besonders freuen – all das könne dabei helfen, auch in Krisenzeiten ein bisschen optimistischer durchs Leben zu gehen.