Besucher einer Ausstellung steht vor einem Zeichen, auf dem „AI“ steht
AFP – JOSEP LAGO
AFP – JOSEP LAGO
Technologie

„Austro-ChatGPT“ – aber kein Geld zum Testen

Sepp Hochreiter, weltweit anerkannter KI-Forscher an der Uni Linz, hat ein Sprachmodell entwickelt, das nach allen vorläufigen Tests besser ist als ChatGPT und dessen Nachfolger GPT4. Aber er kann es nicht testen, weil es für die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) in Österreichs Forschungspolitik so gut wie kein Geld gibt.

Wenn er hierzulande keine Finanzierung auftreiben kann, müsse er seine Entwicklung verschenken, an Facebook und Co.

Schnelleres ChatGPT

Sepp Hochreiter von der Johannes Kepler Universität Linz hat mit der Erfindung des Long Short Term Memory (LSTM) in den Neunzigerjahren maschinelles Lernen erst möglich gemacht. Nun hat er mit seinem Team ein Modell entwickelt, das ChatGPT allen vorläufigen Tests zufolge in den Schatten stellt.

Sepp Hochreiter
JKU
Sepp Hochreiter

Möglich macht das die Verbindung des derzeit in großen Sprachmodellen verwendeten Transformerverfahrens mit Hochreiters LSTM. „Deswegen bin ich schneller und kann viel längere Sätze analysieren und viel längere Texte“, sagte Hochreiter gegenüber Ö1-Digital.Leben.

„Echt frustrierend“

Aber Österreich fördert, wie kürzlich hier berichtet, KI-Forschung nur mit sieben Millionen Euro. Die Niederlande stecken im Vergleich dazu zwei Milliarden Euro in die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Hochreiter hat selbst als Starforscher keine Ressourcen, um sein Modell in größerem Umfang zu testen. „Es ist so eine Katastrophe. Die Leute, die nicht so weit sind mit ihrer Forschung, werden gefördert. Das ist echt frustrierend.“

Wie es anders gehen kann, zeigt etwa die Universität Tübingen. Sie erhält rund 30 Millionen Euro pro Jahr für ihr KI-Zentrum, in dessen Gremien auch Hochreiter sitzt. Österreich hingegen fördert KI im Ausmaß von Uganda und Mexiko. Entsprechend enttäuscht ist Hochreiter über die inländische Nichtförderung: „Sogar in Paris geht es und in Deutschland. Aber warum geht es hier nicht? Ich versteh es nicht.“

Wie man Zukunftschancen verschenkt

Schon vor ein paar Jahren erzählte Hochreiter, wie er auf einer Konferenz für künstliche Intelligenz Amazon-Mitarbeiter traf. Sie gratulierten ihm zu einer wissenschaftlichen Veröffentlichung und erzählten ihm, Amazon habe damit zwei Milliarden mehr Umsatz gemacht. Als Dank luden sie ihn auf einen Mojito ein.

Ein ähnlicher Mojito-Moment droht nun. „Jetzt haben wir eine Sache, die gerade besser ist als ChatGPT. Aber wir können sie nicht laufen lassen“, sagt Hochreiter. „Wir können sie nicht trainieren. Wir haben einfach zu wenig Förderung. Jetzt muss ich schauen, ob ich das zu Amazon oder Facebook hinbringe, damit ich unsere Forschung weitermachen kann, weil in Österreich überhaupt kein Geld fließt.“

Reaktion der Politik

Der oberösterreichische Forschungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hielt in einer ersten Reaktion entgegen, dass das Land OÖ den Aufbau des LIT AI Lab unter Leitung von Hochreiter finanziert habe. Dieses Forschungszentrum sei „ein wichtiger Teil der aktuellen Rahmenvereinbarung des Landes OÖ mit der JKU, die bis 2025 läuft“. Insgesamt wende das Land für das LIT AI Lab und den Aufbau zusätzlicher Rechnerleistung 9,6 Mio. Euro auf, informierte er.

In der Sitzung der Landesregierung am Dienstag wurde dazu eine Fördertranche von gut einer Mio. Euro beschlossen. „Hier wird Landesgeld investiert, obwohl die Universitäten eigentlich Bundeskompetenz sind. Es braucht daher auch entsprechende Fördermittel vom Bund für Grundlagenforschung im Bereich der KI“, so Achleitner.