Forschungspolitik

Reaktion auf Kritik von KI-Experten

Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) hat gestern auf die Kritik des Linzer KI-Forschers Sepp Hochreiter, wonach die Politik die KI-Forschung vernachlässig und zu wenig Geld bekäme, geantwortet. „Allein im Jahr 2021/22 haben wir mit der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) 500 Millionen Euro in Projekte mit KI-Anwendungen gesteckt“, so Tursky.

Über das Umwelt- und Energieministerium fließen laut dem Staatssekretariat zudem rund 60 Millionen Euro pro Jahr für Projekte in die KI-Grundlagenforschung. Diese sei „eine völlig neue Welt“, so Tursky. Was hierfür benötigt werde, sei Rechenleistung. „Die Hauptkostenanteile sind Rechenleistung und dass diese schnell zur Verfügung gestellt wird, um etwas auszuprobieren“, hieß es. „Und hierfür gibt es in Österreich kein geeignetes Instrument“, so Tursky. Er stimme in diesem Punkt mit Sepp Hochreiter überein.

„Dafür werden wir neue Wege finden“, sagte Tursky. Mittelfristig sei auch eine Lösung auf europäischer Ebene möglich. Damit Forschende nicht ins Silicon Valley abwandern und stattdessen in Österreich bleiben, müsse man die Förderung von KI-Grundlagenforschung jedenfalls auf neue Beine stellen. Konkrete Ansätze gebe es jedoch noch keine.

Gesetzliche Regulierung nötig

Es brauche zudem dringend noch heuer eine gesetzliche Regulierung für KI auf europäischer Ebene. Aktuell wird der sogenannte EU-AI-Act verhandelt. „Ich verstehe nicht, wieso das so lange dauert“, so Tursky. Er werte es jedoch als positives Signal, dass die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sich vor wenigen Tagen zu einer politischen Einigung zum AI-Act bekannte. Am Donnerstag vergangene Woche hatten die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments einen Entwurf für die KI-Regulierung verabschiedet.

Tursky will noch im kommenden Jahr mit einer KI-Behörde in Österreich an den Start gehen. Sie solle die Einstufung verschiedener Algorithmen vornehmen. „Was ist ein Hochrisiko-Algorithmus? Was ist ein Niedrigrisiko-Algorithmus? Wie gefährlich ist diese KI?“, so Tursky. Auch die entsprechende Genehmigung von Hochrisiko-KIs solle dann die Behörde übernehmen. Als weiteren Aufgabenbereich einer KI-Behörde sieht der Staatssekretär die Entwicklung möglicher KI-Gütesiegel. „Die Leute wollen wissen, wenn sie mit künstlicher Intelligenz konfrontiert sind und ob sie gewissen Grundkriterien entspricht.“

Fehlende Strategie

In Österreich fehle eine vernünftige KI-Strategie, die Politik vernachlässige die Forschung und andere Länder zögen davon, so der Tenor von Hochreiters-Kritik. „Ich schrei’ jetzt, weil ich ganz vorne sitze in der Forschung und merke, dass was fehlt. In ein paar Jahren schreien andere wie die Industrie dann auch, weil sie merken, dass wir was verpasst haben“, sagte Hochreiter vor mehr als einer Woche.

Österreichs führender KI-Pionier fordert seit sechs Jahren ein KI-Institut, als Bindeglied zwischen Forschung und Firmen für die forschungsnahe Technologie. Hochreiter, der an der Linzer JKU (Johannes Kepler Universität) das Institut für Machine Learning und das Artificial-Intelligence-Lab (LIT AI Lab) leitet, hat mit der Technik Long Short-Term Memory (LSTM) eine der Grundlagen für KI-Systeme geschaffen. Basierend auf seiner LSTM-Technik könnte man ein „besseres ChatGPT“ schaffen, so Hochreiter. Doch dafür fehle es an Ressourcen. „Ich sitze hier in Linz auf etwas Genialem, habe aber nicht das Geld es zu machen“, so der Wissenschaftler.