Fruchtfliegen, Fliegen, Insekten, Tiere
AnneGM – stock.adobe.com
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Nervenzellen

Anblick toter Fliegen lässt Fliegen altern

Wenn Fruchtfliegen tote Artgenossinnen und Artgenossen sehen, beschleunigt sich ihr Alterungsprozess. Verantwortlich dafür sind bestimmte Nervenzellen im Gehirn der Insekten, die durch den Anblick der toten Fliegen aktiviert werden, wie eine neue Studie aus den USA zeigt.

Altern ist ein vielschichtiger Prozess, der sowohl von der Genetik als auch von der Umwelt beeinflusst werden kann. Auch positive und negative Wahrnehmungserfahrungen können das Altern beeinflussen – was in diesem Fall im Körper passiert, ist bisher aber nur wenig erforscht. Forscherinnen und Forscher der Universität Michigan untersuchten nun, wie die Wahrnehmung des Todes mit einer verkürzten Lebensdauer bei Fruchtfliegen zusammenhängt.

Die Drosophila melanogaster gilt als nützlicher Modellorganismus für die Neurowissenschaften. Denn die Fruchtfliege ähnelt in vielen biologischen Eigenschaften dem Menschen. Erst kürzlich fertigte ein internationales Forschungsteam eine detaillierte Karte des Gehirns einer Fruchtfliegenlarve an, mit dessen Hilfe der Mechanismus des menschlichen Denkens besser erforscht werden soll.

Prozess lässt sich auch künstlich auslösen

Das Forschungsteam der Universität Michigan hatte in einer früheren Studie bereits berichtet, dass Fruchtfliegen durch den Anblick toter Artgenossinnen und Artgenossen schneller altern. In der neuen Studie, die nun im Fachjournal „PLOS Biology“ erschienen ist, beschreiben die Forscherinnen und Forscher um Christi Gendron nun, wie dieser Prozess abläuft. Durch die „Todeswahrnehmung“ erhöhe sich die Aktivität in einer Gehirnregion der Fruchtfliegen, die Ellipsoidkörper genannt wird. Das konnte durch fluoreszente Markierungen festgestellt werden.

Fliegen, Leichen
Christi Gendron
Der Anblick toter Fliegen aktiviert die Nervenzellen R2 und R4

Um herauszufinden, welche Nervenzellen für diese erhöhte Aktivität verantwortlich sind, schalteten die Forscherinnen und Forscher verschiedene Nervenzellen in dieser Region nacheinander aus. Es zeigte sich, dass die beiden Neuronen R2 und R4 durch den Anblick toter Fruchtfliegen verstärkt aktiviert wurden.

Weitere Tests ergaben schließlich, dass die Schlüsselkomponente für den beschleunigten Alterungsprozess der Serotoninrezeptor 5-HT2A ist, der sich auf diesen Nervenzellen befindet. Laut den Studienautorinnen und -autoren verringert sich die Lebensdauer der Fruchtfliegen sogar dann, wenn die Neuronen R2 und R4 künstlich aktiviert werden, wenn den Insekten also gar keine toten Artgenossinnen und Artgenossen gezeigt werden.

Neuronale Schaltkreise steuern Alterungsprozess

In der Studie sei es gelungen, bestimmte Nervenzellen im Fliegengehirn zu identifizieren, die dazu beitragen, den Alterungsprozess abhängig von Wahrnehmungserfahrungen zu steuern, so Koautor Scott Pletcher von der Universität Michigan in einer Aussendung. Ein besseres Verständnis dafür, wie neuronale Schaltkreise den Alterungsprozess regulieren, könnte laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf lange Sicht zur Entwicklung von Medikamenten zur Verlangsamung des Alterungsprozesses beim Menschen führen.