KI identifizierte potenzielle Covid-19-Wirkstoffe

Zu Beginn der CoV-Pandemie ging ein Aufruf an Forschungsgruppen, Künstliche Intelligenz(KI)-Systeme auf mögliche Wirkstoffe anzusetzen. Weltweit durchforsteten 31 Teams daraufhin Milliarden potenziell hilfreiche Moleküle. Daraus ist nun eine gemeinsame Publikation geworden. Eine gute Erfolgsquote bei der Suche erzielte ein Linzer Team.

Die noch nicht von Fachkollegen überprüfte Arbeit der weitverzweigten Teams ist auf dem Preprint-Server „ChemRxiv“ erschienen und basiert auf der „Billion molecules against Covid-19 challenge“, so der Erstautor der Publikation, Johannes Schimunek, vom Institut für Machine Learning der Universität Linz. Zu Beginn war dies als eine Art Wettbewerb gedacht, um es Forschern und Forscherinnnen schmackhaft zu machen, mittels KI nach chemischen Verbindungen zu suchen, die als potenzielle Medikamente den sich Anfang 2020 ausbreitenden Covid-19-Infektionen entgegenwirken könnten.

Das Problem ist nämlich, dass die Anzahl an Molekülen, die potenziell als Wirkstoff gegen Viren helfen könnten, ungeheuer groß ist. Daher ist ein umfassendes experimentelles Testen all dieser Verbindungen im Labor nicht möglich ist. KI-Methoden könnten allerdings beim Vorsortieren und Filtern der chemischen Verbindungen helfen und damit die Anzahl an Laborversuchen reduzieren. Auf vorhandenen Daten trainiert, lernen die KI-Systeme Zusammenhänge zwischen Verbindungen und deren Wirkung auf biologische Organismen. Sie nutzen dieses Wissen dann, um Prognosen zur möglichen Wirkung von neuartigen, noch nicht im Labor getesteten Molekülen zu machen.

639.024 potenziell aktive Moleküle

Letztlich wurde aus der Challenge ein „Team-Effort“, wie es auch im Titel der Arbeit heißt. Die Forschungsteams schlugen insgesamt stattliche 639.024 potenziell aktive Moleküle gegen den SARS-CoV-2-Erreger vor.

„Es war eine schwierige Aufgabenstellung, denn am Beginn der Pandemie gab es kaum Informationen über SARS-CoV-2“, sagte Schimunek. Dementsprechend war es besonders knifflig, eine KI zu trainieren. Ihre von dem System nach Erfolgschancen sortierte Molekülliste schickten die Linzer dann an die Initiatoren, die dann wiederum in Kooperationen mit zahlreichen Partnern insgesamt 878 besonders vielversprechende chemische Verbindungen in Laborversuchen mit dem Erreger konfrontierten. 27 Moleküle zeigten Aktivität, respektive Wirkung gegen SARS-CoV-2, wie sich im Verlauf der Zeit herausstellte. Schimunek wertet das als „schönen Erfolg“, der darauf hindeutet, dass in der Herangehensweise Potenzial liegt.

Als Erfolg könne auch die Linzer KI angesehen werden: Immerhin fanden sich auf der Liste des Linzer Forschungsteams mit insgesamt 67 Einträgen 14 der schlussendlich 27 vielversprechendsten Moleküle. „Wir konnten mit unserer Methode wirklich ein Cluster finden, in dem ganz viele aktive Moleküle sind“, sagte Schimunek.

Der Vorteil der internationalen, gemeinschaftlichen Herangehensweise sei nun: „Jeder kann jetzt mit den gefundenen Molekülen weiterforschen.“ Nun seien die Chemiker und Pharmakologen gefragt, genauere Analysen durchzuführen.

Nützliche Kooperation

Auch wenn es für einen signifikanten Beitrag zur Bewältigung der CoV-Pandemie jetzt zu spät ist, sei der ganze Prozess, den die vielen Forscherteams hier durchliefen, sehr vielversprechend. Man konnte zeigen, dass mittels maschinellem Lernen die Suche nach Wirkstoffen unterstützt und potenziell abgekürzt werden kann – man sozusagen ein Wegweiser für andere Forscher sein kann.

Die verschiedenen Teams seien auch ein Stück weit zusammengewachsen. Das sich rasch weiterentwickelnde KI-Forschungsfeld wolle jedenfalls einen „aktiven Beitrag“ zur Bewältigung künftiger Gesundheitskrisen leisten und habe auch die Möglichkeiten dazu, betonte Schimunek: „Vielleicht sind wir beim nächsten Mal einfach schneller. Während die KI-Methoden bereits nach wenigen Monaten in der Lage waren, Ergebnisse zu liefern, hat das Testen der Substanzen im Labor die meiste Zeit in Anspruch genommen.“

Diese Zeit könnte, mit vorhandener Infrastruktur und Vorbereitung verkürzt werden, meint der Wissenschaftler. Die Studienautoren und -autorinnen schlagen daher vor, Ressourcen dafür einzuplanen, um Datenbanken mit chemischen Verbindungen aufzubauen und wirkstoffartige Moleküle, die medikamentös gegen neue Erreger wirken könnten, auf Abruf vorliegen zu haben.