Künstlerische Darstellung von DNA
©ktsdesign – stock.adobe.com
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Genetik

Wie Gene von Tierart zu Tierart springen

Gene werden nicht nur von Eltern an Kinder weitergegeben, sondern manchmal auch an erwachsene Individuen einer fremden Art. Dabei hilft ihnen eine „Genfähre“, wie ein Wiener Forschungsteam berichtet. Sie ermöglicht etwa den „horizontalen Gentransfer“ zwischen zwei Wurmarten, die so wenig miteinander verwandt sind, wie Menschen und Fische.

Das Forschungsteam um Alejandro Burga am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) entdeckte die „Genfähre“, als es den Ursprung eines „egoistischen Elements“ aufklären wollte. „Egoistische Elemente“ vermehren sich im Erbgut des Wirts und „springen“ dort herum. Das heißt, sie wechseln manchmal den Platz. Die Studie erschien nun im Fachjournal „Science“.

Das Forschungsteam fand zwei fast identische Kopien des Gens in zwei Fadenwurmarten (Caenorhabditis briggsae und Caenorhabditis plicata), die keinen gemeinsamen Nachwuchs haben können, und deren Genome so unterschiedlich sind, wie die von Menschen und Fischen, wie es in einer Aussendung des IMBA heißt. Es war bei C. plicata in ein „Maverick“-Gen eingebettet. Das egoistische Gen war mit höchster Wahrscheinlichkeit von C. plicata zu C. briggsae transferiert worden, so Burga. Die Überfahrt fand in jüngster Vergangenheit statt und wurde vom „Maverick“-Element bewerkstelligt.

Gentransfer von Mensch zu Tier nicht belegt

Dass „Maverick“-Elemente sich zu Genfähren zwischen weit entfernter Arten entwickeln konnten, verdanken sie einem Gen, das sie von Viren gestohlen haben. Jenes „Fusogen“ ist Vorlage für einen Eiweißstoff, der Membranen unterschiedlicher Zellen miteinander verschweißt. „Dadurch werden sie wohl in die Lage versetzt, virusähnliche Partikel zu bilden, die mit den Zellmembranen anderer Organismen verschmelzen und diese infizieren“, so das Forschungsteam.

Maverick-Virus-ähnliches Partikel als Vektor des horizontalen Gentransfers (HGT)
IMBA-IMP Graphics

„Mavericks“ und ähnliche Elemente sind wahrscheinlich auch für Genschlepperei in anderen Tierarten verantwortlich, meinen sie. Bei zwei „völlig verschiedenen Fischarten“ im Eismeer, den Heringen und Stinten, gäbe es zum Beispiel „Gefrierschutzproteine“ im Blut, die wahrscheinlich via horizontalem Gentransfer von einer Art zur anderen gelangten.

Es gibt auch Hinweise, dass dies bei Säugetieren ab und zu passiert, zum Beispiel bei Mäusen und Ratten, Buschbabys (das sind nachtaktive afrikanische Äffchen) und der „Kleinen Braunen Fledermaus“. „Es gibt derzeit aber keine Evidenz für horizontalen Gentransfer von Menschen zu einer anderen Tierart oder umgekehrt“, so Burga.