ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti bei ihrem Außeneinsatz an der Internationalen Raumstation.
ESA/NASA/Roscosmos
ESA/NASA/Roscosmos
Antibakteriell

Saubere Unterwäsche für das Weltall

Saubere Unterwäsche ist in jeder Lebenslage angenehm – auch im Weltraum, etwa bei anstrengenden Außeneinsätzen. Das Problem: Es gibt keine Waschmaschine im All. Künftig könnte antibiotische Kleidung zum Einsatz kommen. Österreichische Forscherinnen und Forscher arbeiten an einer Technologie, die Bakterienwachstum in der „Allkleidung“ hemmt.

Bakterien und Viren haben leichtes Spiel im Weltraum – die Bedingungen für sie sind besser als auf der Erde, so Gernot Grömer, Direktor des Österreichischen Weltraumforums (ÖWF): „Wir wissen, dass der menschliche Körper in der Schwerelosigkeit eine leicht reduzierte Immunantwort hat, gleichzeitig funktioniert das mikrobielle Wachstum ein bisschen besser als bei uns am Boden.“

Allaufenthalte werden immer länger

Mit der Besiedelung von Raumstationen ist dieses Problem in den Fokus der Missionsplaner gerückt. Seitdem werden Silberfäden in die Kleidung von Astronautinnen und Astronauten eingearbeitet. Das Silber zerstört laut Grömer die Wände von Bakterien und Viren. Für längere Missionen könne das neue Probleme hervorrufen: „Wir haben den begründeten Verdacht, dass es durch Langzeitnutzung zum Abrieb von Silberpartikeln kommt, die auch blutgefäßgängig sind. Wir sind uns noch nicht ganz sicher, was der Langzeitgesundheitseffekt hier sein wird.“

ESA-Astronaut Alexander Gerst bereitet sich auf seinen Außeneinsatz vor.
ESA/NASA
ESA-Astronaut Alexander Gerst bereitet sich auf der Internationalen Raumstation auf seinen Außeneinsatz vor

Wäsche waschen wie auf der Erde ist in der Schwerelosigkeit nicht möglich, die Reinigung per Hand aufwendig. „In Habitaten auf dem Mond oder weiter entfernt ist es möglicherweise nicht praktikabel, die Innenseiten von Raumanzügen regelmäßig zu waschen“, erklärt Malgorzata Holynska, ESA-Ingenieurin für Werkstoffe und Verfahren. Im Auftrag der ESA sollen deshalb neue Raumanzüge entwickelt werden.

Weltraumunterwäsche mit Antibiotikum

Grömer und das ÖWF-Team forschen daher seit drei Jahren an neuer „Allkleidung“ – im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und gemeinsam mit dem Unternehmen Vienna Textile Lab. Es werde ein Stoff aus der Natur genutzt, so Grömer: „Auf der Haut des Rotrücken-Salamanders gibt es einen bakteriellen Metaboliten, also ein Stoffwechselprodukt von Bakterien, das in der Lage ist, andere Bakterien im Wachstum massiv zu hemmen. Es heißt Violacein, und wir haben es drei Jahre lang für den Weltraumeinsatz getestet.“

Der Rotrücken-Waldsalamander produziert das Violacein zum Schutz vor Infektionen.
Der Rotrücken-Waldsalamander ist die Inspiration für das aktuelle Forschungsprojekt

Das Violacein wird im Labor hergestellt und auf Textilien angewandt. Der Stoff ist bereits bekannt, allerdings habe er für den Einsatz im Weltraum erprobt werden müssen, berichtet Grömer. „Wir können jetzt nach ungezählten Tests sagen, dass diese Substanz oder verwandte Substanzen tatsächlich in der Lage sind, das mikrobielle Wachstum zu reduzieren. Und sie sind auch weltraumtauglich.“ Tests unter hoher Strahlung und bei extremen Temperaturen hätten das bewiesen, heißt es vom ÖWF.

Künftige ESA-Raumanzüge ohne Silber

Die Raumanzüge für die „Artemis“-Mondmissionen sind bereits fertig, für die Crew-Missionen zur ISS gibt es von SpaceX ebenso neue Anzüge. Derartige Entwicklungen haben eine lange Vorlaufzeit und müssen bis ins kleinste Detail ausgefeilt sein – bei künftigen Raumanzügen der ESA könnte allerdings die Technologie aus Österreich zum Einsatz kommen. Grömer schätzt, dass die Entwicklung in den nächsten Jahren beginnt, einen Zeitplan gebe es allerdings noch nicht.

Team der Crew3-Mission zur ISS mit ESA-Astronaut Matthias Maurer in weißen Raumanzügen.
ESA/NASA/SpaceX
Crew-3-Mission zur ISS mit ESA-Astronaut Matthias Maurer (ganz links). Die SpaceX-Raumanzüge sind die modernsten ihrer Art.

Die neuen Anzüge könnten dann schon jene sein, die auch zum Mars fliegen. Silber wird bei diesen Missionen wohl nicht mehr zum Einsatz kommen. Das Projekt namens BACTeRMA mit der ÖWF-Beteiligung zielt auf diesen Anwendungsfall ab.