Tagung

Was ist Wissen? – Analytische Philosophie tagt in Wien

Was Wissen ist und wie die Gesellschaft damit umgeht, sind zentrale Fragen der Philosophie. Damit beschäftigt sich kommende Woche (21.-25. August) auch das größte europäische Treffen der Analytischen Philosophie in Wien, veranstaltet von der Central European University (CEU) und der Universität Wien.

„Wir brauchen analytische Philosophie heute nach wie vor“, meinte CEU-Wissenschafterin Katalin Farkas, Philosophie sei neben Mathematik älter als alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Menschen aller Zeitalter und aller Kulturen seien früher oder später auf Fragen gestoßen, die die Philosophie noch heute beschäftigen, wie: „Was ist Wahrheit und was ist Wissen? Was ist richtig und was ist falsch?“, so die Philosophin.

Die analytische Philosophie ist eine von zwei Hauptzweigen der modernen akademischen Philosophie. Ihr gegenüber steht die „kontinentale Tradition“. Die beiden unterscheiden sich durch den Kanon der gelesenen Autorinnen und Autoren und ihre zentralen Themen. Eines der Hauptziele der analytischen Philosophie ist das Vorantreiben einer Weltsicht, die mit den Naturwissenschaften vereinbar ist, erklärte die Philosophin.

Nicht nur weiße Männer mit Bart

„Der traditionelle Philosoph ist ein weißer Mann mit einem Bart“, lautet die Ankündigung eines Symposiums im Rahmen des Kongressprogramms von „ECAP11“. Es beschäftigt sich mit der Inklusion vergessener Philosophinnen in den Kanon der analytischen Philosophie. Farkas, die nach zehn Präsidenten die erste Amtsträgerin der Europäischen Gesellschaft für Analytische Philosophie (ECAP) ist, betonte: „Es ist sehr wichtig, sowohl den Kanon, als auch die Personen, die den Beruf ausüben, zu diversifizieren.“

Wurzeln im Wiener Kreis

Eine der historischen Wurzeln der analytischen Philosophie liegt in Wien: Der „Wiener Kreis“, eine Gruppe von Intellektuellen, zu der auch Moritz Schlick und Otto Neurath gehörten, hat in Wien in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts den Fokus philosophischer Forschung auf logische Analyse und wissenschaftliche Methoden gelenkt.

Die analytischen Philosophinnen und Philosophen seien in Kontinentaleuropa zwar traditionell trotzdem in der Minderheit, aber gerade in Österreich „floriert die Community“, so Farkas, die als ECAP-Präsidentin den Kongress in die Bundeshauptstadt holte.

FWF-Projekt zum „Wissen in der Krise“

Als Vorstandsmitglied ist Farkas auch im hoch dotierten Exzellenzcluster „Wissen in der Krise“ des Wissenschaftsfonds (FWF), einem Projekt der CEU und der Universitäten Wien, Graz, und Salzburg, tätig. Der für die ersten fünf Jahre mit rund 14,9 Mio. Euro geförderte Verbund erforscht „die große Krise“, in der sich das Wissen aktuell befindet. Laut der Philosophin ist das Vertrauen in die Naturwissenschaften erodiert.

Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass der Konsens der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Klimakrise gesamtgesellschaftlich nicht ernstgenommen wird. Ein Problem dabei sei der eigentlich hehre Anspruch, mit jeder Meinung gleichberechtigt umzugehen. „Einige Ansichten sind besser als andere, da sie auf Evidenz und Argumenten basieren“, sagte Farkas.

Die Analyse des Misstrauens gegenüber wissenschaftlichem Wissen und seiner Ursachen soll zu dessen Bekämpfung beitragen. Gleichzeitig stellen Probleme wie der Klimawandel ernsthafte Krisen dar, zu deren Lösung wissenschaftliches Wissen vonnöten ist – auch auf diese Weise ist der Titel „Wissen in der Krise“ zu verstehen. So sei auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit ein zentrales Element im Projekt, geplant seien u.a. Veranstaltungen zu Künstlicher Intelligenz als mögliche Quelle des Wissens und Kurse an den Volkshochschulen.