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Viacheslav Yakobchuk – stock.adobe.com
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Gesundheit

Die „stillen Folgen“ der Menopause

In einer großangelegten Überblicksstudie hat ein Forschungsteam erhebliche Lücken im Wissen um die Menopause und damit verbundene Mängel in der Behandlung festgestellt. Besonders die „stillen gesundheitlichen Folgen“ der Wechseljahre – abseits der bekannten Beschwerden wie Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen – werden viel zu wenig beachtet, heißt es in der Studie.

Weniger als 15 Prozent der Frauen, die die Menopause durchlaufen, erhalten eine wirksame Behandlung für damit einhergehende Beschwerden. Das schreibt das internationale Forschungsteam um die Molekularbiologin Susan Davis von der Monash University in Australien. Therapien seien oft nicht ausreichend erforscht, einige seien kaum wirksam, andere gehen mit unangenehmen Nebenwirkungen einher.

In einer umfassenden Übersichtsarbeit, die am Mittwoch im Fachjournal „Cell“ veröffentlicht wurde, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über 200 Quellen aus 71 Jahren Forschung ausgewertet, um das derzeitige Wissen über die Menopause zusammenzufassen. Ihr Fazit: Es braucht eine individuell abgestimmte, ganzheitliche Behandlung, die sowohl Wechseljahrbeschwerden als auch andere mit der Menopause einhergehende Veränderungen im Körper berücksichtigt.

Diabetes, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Besonders heben die Forscherinnen und Forscher jene Auswirkungen der Menopause auf den Körper hervor, die nur selten mit den Wechseljahren in Verbindung gebracht werden. Auch Frauen, die keine Beschwerden wie Hitzewallungen, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen und Haarausfall bemerken, können von diesen „stillen gesundheitlichen Folgen“ betroffen sein, die durch die hormonellen Veränderungen im Körper ausgelöst werden.

So erhöht sich etwa das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und Krebserkrankungen im Zusammenhang mit Adipositas. Auch Osteoporose und das damit verbundene erhöhte Risiko für Frakturen zählt zu den wenig beachteten Auswirkungen der Menopause. Die Studienautorinnen und -autoren weisen zudem darauf hin, dass einige Symptome, wie etwa Depressionen, in manchen Fällen schon vorher bestehen und aufgrund der Stigmatisierung fälschlicherweise den Wechseljahren zugeschrieben werden.

Auswirkungen auf Lebensqualität und Arbeitsleistung

Die Symptome seien von Frau zu Frau und im Verlauf der Menopause sehr unterschiedlich, so das Forschungsteam. Bei manchen treten viele schwere Symptome auf, bei anderen nur wenige oder gar keine. Nicht zuletzt aufgrund der „stillen Folgen“ sollten aber alle Frauen zum Zeitpunkt der Menopause die Möglichkeit zu einer allgemeinen Gesundheitsuntersuchung haben, bei der auch auf diese möglichen Auswirkungen geachtet wird. Neben den direkten körperlichen Folgen werden zudem sozioökonomische Faktoren wie eine geringere Lebensqualität und mögliche negative Auswirkungen von Wechseljahrbeschwerden auf die Arbeitsleistung oft nicht berücksichtigt, heißt es in der Studie.

Hormontherapien und pflanzliche Alternativen

Frauen, die unter Beschwerden leiden, sollten zudem besser über Behandlungsmöglichkeiten beraten werden. Das Spektrum reicht von Hormontherapien bis hin zu pflanzlichen Produkten, nur wenige davon seien aber über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg untersucht worden. Selbst die derzeit wirksamste und am besten erforschte Option – die Hormonersatztherapie – stelle noch lange nicht für alle eine perfekte Lösung dar.

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Tabletten, Pflaster, Cremes: Bei der Hormonersatztherapie sollte die Patientin über die Verabreichungsform mitentscheiden

Die Forscherinnen und Forscher weisen zudem auf potenzielle Nebenwirkungen und gesundheitliche Bedenken bei jeder Art der Therapie hin. Weitere Studien seien notwendig, um Wissenslücken zu schließen und eine bessere Versorgung zu erreichen. Die Therapieform sollte gemeinsam mit der Patientin entschieden und individuell auf deren Alter und gesundheitliche Risiken abgestimmt werden. Das Forschungsteam empfiehlt zudem, regelmäßig Sport zu treiben und auf eine nährstoff- und proteinreiche Ernährung zu achten, um das Risiko für mit der Menopause verbundene Erkrankungen zu verringern.

„Unlogisch und problematisch“

Weltweit tritt die Menopause durchschnittlich im Alter von 49 Jahren ein. Der zeitliche Ablauf ist aber nicht genau bekannt und variiert von Person zu Person. Die Autorinnen und Autoren argumentieren daher, dass die derzeitigen Altersbeschränkungen für Verschreibungen und Therapien unlogisch und problematisch seien. Obwohl die Symptome etwa häufig in der Perimenopause beginnen – also in den Jahren unmittelbar vor und im Jahr nach der letzten Menstruation – sind derzeit nur wenige Therapien während dieses Zeitraums zugelassen.

Studien, die auch Frauen in der Perimenopause einschließen, sind laut dem Forschungsteam daher erforderlich, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlungsoptionen zu untersuchen. „Trotz jahrzehntelanger Forschung im Bereich der Wechseljahre ist noch mehr Arbeit nötig“, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Sie fordern auf, in Zukunft genauer zu untersuchen, wann die Menopause beginnt, und sich darauf zu konzentrieren, die Behandlung insgesamt wirksamer und sicherer zu machen. Und sie betonen, wie wichtig es sei, die Symptome und andere gesundheitliche Auswirkungen der Wechseljahre auch außerhalb der Länder mit hohem Einkommen zu erforschen.

Neue Definiton

Das Forschungsteam schlägt zudem eine neue Definition der Menopause vor, nämlich die endgültige Einstellung der Eierstockfunktion mit dem Verlust der Produktion von Fortpflanzungshormonen und dem unwiderruflichen Verlust der Fruchtbarkeit. Bisher ist die Menopause meist als Zeitpunkt der letzten Menstruation definiert, dem mindestens zwölf Monate lang keine ovariell ausgelöste Blutung aus der Gebärmutter mehr nachfolgt. In die neue Definition werden auch Frauen einbezogen, die unregelmäßig menstruieren, Verhütungsmittel wie Spiralen verwenden oder eine Gebärmutterentfernung hinter sich haben – und nicht zuletzt auch Menschen aller Geschlechter.