Nobelpreis-Medaille
APA/dpa
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Nobelpreisfavoriten

Von DNA bis Ungleichheit

Nächste Woche wird bekanntgegeben, wer die Nobelpreise 2023 bekommt. Nach dem Physiknobelpreis für Anton Zeilinger im Vorjahr ist es rein statistisch unwahrscheinlich, dass auch heuer eine Auszeichnung nach Österreich geht. Die Themenpalette der Favoriten – und wenigen Favoritinnen – ist breit: Sie reicht von DNA-Sequenzierung über Spintronik bis zur Ungleichheitsforschung.

Prognosen für die Nobelpreise sind zwar schwierig, bei den wissenschaftlichen Auszeichnungen gibt die Anzahl von Zitationen aber zumindest Hinweise. Das Institute for Scientific Information (ISI) des Datenkonzerns Clarivate identifiziert alljährlich anhand von Publikations- und Zitationsdaten wissenschaftlicher Arbeiten einflussreiche Forscherinnen und Forscher in jenen Forschungsbereichen, in denen Nobelpreise vergeben werden.

Zitationen als Prognosewerkzeug

Von den rund 58 Millionen seit 1970 im „Web of Science“ erfassten Artikeln wurden nur rund 8.700 oder 0,015 Prozent 2.000 Mal oder öfter zitiert. Ihre Autoren und Autorinne „stellen eine Forschungselite dar, deren Einfluss mit dem vergangener und künftiger Nobelpreisträger vergleichbar ist“, heißt es seitens Clarivate. Sie würden daher auch als Favoriten für den Nobelpreis gelten.

Seit 2002 hat der Konzern 419 solche „Citation Laureates“ ausgewählt, 71 davon haben tatsächlich den Nobelpreis erhalten. Heuer wurden 23 neue Favoriten gekürt, darunter nur zwei Frauen. Österreicher ist keiner dabei, in den vergangenen Jahren wurden u. a. der Mediziner Gero Miesenböck oder die Physiker Peter Zoller und Anton Zeilinger in dieser Liste genannt. Letzterer wurde im Vorjahr mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet.

Medizin: Krebstherapie, Ökosystem Mensch, Schlaf

Sieben Wissenschaftler sieht Clarivate als Favoriten für den Medizin-Nobelpreis: Carl H. June (University of Pennsylvania/USA), Steven A. Rosenberg (National Cancer Institute/USA) und Michel Sadelain (Memorial Sloan Kettering Cancer Center/USA) für die Weiterentwicklung der CAR-T-Zell-Therapie, einer Krebsimmuntherapie; Rob Knight (University of California San Diego/USA) für seine Forschung zu den mikrobiellen Ökosystemen des menschlichen Körpers; Clifford B. Saper (Harvard Medical School/USA), Emmanuel Mignot (Stanford University/USA) und Masashi Yanagisawa (Universität Tsukuba/Japan) für Studien zum Schlaf-Wach-Zyklus und die Entdeckung von Orexin als wichtiger Schlafregulator.

Physik: Photonik, Entropie und Spintronik

In der Physik zählen zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin zu den Favoriten: Federico Capasso (Harvard University/USA) für seine Forschungsarbeiten zu Photonik, Plasmonik und Metaoberflächen sowie Beiträge zur Erfindung und Verbesserung des Quantenkaskadenlasers; Sharon C. Glotzer (University of Michigan/USA) für die Demonstration der Rolle der Entropie bei der Selbstorganisation von Materie; Stuart S.P. Parkin (Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik/Deutschland) für Forschungen zur Spintronik und insbesondere zur Entwicklung von Racetrack-Speichern zur Erhöhung der Datenspeicherdichte.

Chemie: Verschiedene Aspekte von Genforschung

Sieben Favoriten und eine Favoritin gibt es für den Chemienobelpreis: James J. Collins (MIT/USA), Michael Elowitz (Caltech/USA) und Stanislas Leibler (Rockefeller University/USA) für Arbeiten zu synthetischen Genschaltkreisen, die das Gebiet der synthetischen Biologie begründeten; Shankar Balasubramanian und David Klenerman (beide Cambridge University/Großbritannien) für die Miterfindung der nächsten Generation der DNA-Sequenzierungsmethode; Kazunori Kataoka (Kawasaki Institute of Industrial Promotion/Japan); Vladimir P. Torchilin (Northeastern University/USA) und Karen L. Wooley (Texas A&M University/USA) für die Entwicklung innovativer Methoden zur Verabreichung von Arzneimittel und Gen-Targeting.

Wirtschaft: Soziale Mobilität, Stadt, Ungleichheit

Für die Auszeichnung im Bereich Wirtschaftswissenschaften gibt es laut Clarivate fünf Favoriten: Raj Chetty (Harvard University/USA) für seine Arbeiten zum Verständnis der Faktoren, die die wirtschaftlichen Möglichkeiten bestimmen, und zur Ermittlung von Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Mobilität; Edward L. Glaeser (Harvard University/USA) für Analysen und Einblicke in die Stadtökonomie und die Stadt als Wachstumsmotor; Thomas Piketty und Gabriel Zucman (beide Paris School of Economics/Frankreich) und Emmanuel Saez (University of California Berkeley/USA) für ihre Forschungen zu Einkommens- und Vermögensungleichheit und ihrer Folgen.