Klima

Was man aus Einschlagskratern lernen kann

Das Verständnis der langfristigen Entwicklung der Erdatmosphäre ist gerade in Zeiten der Klimaerwärmung von großer Bedeutung. Einen Beitrag dazu könnte die Analyse von Flüssigkeitseinschlüssen in hydrothermischen Mineralien aus Einschlagskratern leisten, die quasi Zeitkapseln darstellen, wie eine neue Studie zeigt.

„Die Entwicklung der Zusammensetzung der Erdatmosphäre zu verfolgen ist keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass geologische Proben, deren Alter genau bekannt ist und die atmosphärische Signale eingefangen haben, äußerst selten sind“, so der Koautor der Publikation und Kurator der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Ludovic Ferrière, gegenüber der APA.

Ausgangspunkt der Überlegungen war, dass Einschlagskrater ein unerschlossenes Archiv der atmosphärischen Entwicklung darstellen könnten, weil ihre Entstehung gut datierbar ist, weshalb man auf entsprechende Gesteinsproben zurückgegriffen hat.

Konkret wurden für die Studie, die nun im Fachjournal „Earth and Planetary Science Letters“ veröffentlicht wurde, Edelgase in Flüssigkeitseinschlüssen in hydrothermalen Mineralien untersucht, die vom vor rund 200 Millionen Jahren entstandenen Rochechouart-Impaktkrater im Südwesten Frankreichs stammen und Teil der Sammlung des NHM sind.

Mineralien als Zeitkapseln

Das internationale Team unter der Leitung von Guillaume Avice vom französischen Forschungsinstitut IPGP an der Université Paris Cité konnte zeigen, dass die Gesteine Spuren der Atmosphäre aus dieser Zeit der Erdgeschichte enthalten und Aufschluss über deren Zusammensetzung geben.

„Wir haben zum ersten Mal nachgewiesen, dass Mineralien, die in durch Einschläge erzeugten hydrothermalen Systemen gebildet werden, Zeitkapseln darstellen, die die Zusammensetzung von Edelgasen in der damaligen Atmosphäre aufzeichnen“, so Ferrière. Während die Verwendung hydrothermaler Mineralien häufig durch Kontaminationen eingeschränkt werde, hätten Messungen der Elementar- und Isotopenzusammensetzung der Edelgase im Wesentlichen eine gute Reinheit ergeben. Eine Datierung per Argon-Argon-Methode bestätigte das Alter.

„Unerforschtes Archiv“

Einschlagskrater sollten demnach als neue Ziele für das Verständnis der langfristigen Entwicklung der Erdatmosphäre betrachtet werden, auch im Hinblick auf zukünftige Veränderungen – Stichwort Klimawandel, so Ferrière. Da es in der gesamten Erdgeschichte zu Asteroideneinschlägen gekommen sei, würden sie zusammengenommen ein noch unerforschtes Archiv der atmosphärischen Entwicklung darstellen. Aber auch bei anderen terrestrischen Planeten, etwa dem Mars, könnte der Ansatz funktionieren, heißt es in der Studie.

Ein wichtiger Aspekt ist für Ferrière, dass die untersuchten Proben Teil der Sammlung des Museums sind. Sie wurden vom französischen Geologen Philippe Chevremont in den 1990er-Jahren gesammelt und 2019/2020 an Ferrière übergeben. „Wenn manche fragen, warum wir Museen brauchen, zeigt dies, dass Museumssammlungen wichtig und eine einzigartige Ressource für die nächsten Generationen sind. Und in diesem Fall sind die Exemplare Zeitkapseln des vergangenen Klimas der Welt.“