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haizon – stock.adobe.com
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Studie

Goalies nehmen ihr Umfeld anders wahr

Um zu verhindern, dass der Ball im Tor landet, müssen Torleute in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen. Dabei hilft ihnen die Fähigkeit, Informationen auf mehreren Sinnesebenen gleichzeitig zu verarbeiten – und diese ist bei Goalies besonders gut ausgebildet, wie eine Studie aus Irland zeigt.

Im Gegensatz zu Stürmern, Mittelfeldspielerinnen und Verteidigern müssen Tormänner und Torfrauen „Tausende von sehr schnellen Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Informationen treffen“, so Michael Quinn von der Dublin City University. Der Wissenschaftler war nicht nur selbst einst professioneller Torhüter, er ist auch der Sohn des ehemaligen Spielers Niall Quinn – bis 2004 immerhin Rekordtorschütze des irischen Nationalteams.

Zusammen mit einem Forschungsteam stellte Quinn die Hypothese auf, dass Torhüter eine besonders gut ausgeprägte Fähigkeit haben, Informationen der verschiedenen Sinnesorgane – besonders der Augen und der Ohren – zusammenzuführen.

Mit Lichtblitzen und Pieptönen konfrontiert

Um dies zu untersuchen, führte das Team eine Reihe von Tests mit 60 Personen durch – darunter professionelle Torhüter, professionelle Feldspieler und gleichaltrige Kontrollpersonen, die nicht Fußball spielten. Die drei Gruppen wurden mit einer Kombination aus Lichtblitzen, Bildern und Tönen konfrontiert. Und tatsächlich zeigten sich zwischen den Gruppen Unterschiede in der Fähigkeit, Blitze und Töne voneinander zu unterscheiden.

So konnten die Torhüter Lichtblitze und Pieptöne auch dann voneinander unterscheiden, wenn sie in sehr kurzen Abständen voneinander auftraten. In der Wahrnehmung der Personen aus den anderen beiden Gruppen verschmolzen die Reize eher miteinander: So wurden etwa ein Lichtblitz und zwei Pieptöne, die direkt aufeinanderfolgten, oft fälschlicherweise als drei Lichtblitze wahrgenommen. Je länger die Pausen zwischen den unterschiedlichen Stimuli, desto eher konnten die Impulse voneinander unterschieden werden.

Talent oder Training?

Die Studie, die nun im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht wurde, belegt, dass Torhüter überdurchschnittlich gut darin sind, schnell auf unvorhersehbare Stimuli unterschiedlicher Sinneswahrnehmungen zu reagieren – eben weil sie diese auch bei rascher Abfolge korrekt wahrnehmen und einordnen können. Diese Erkenntnis stehe im Einklang mit früheren Forschungsergebnissen, in denen diese Fähigkeit etwa bei Musikerinnen und Videospielern untersucht wurde, heißt es in der Studie der Dublin City University.

„Viele Fußballspieler und Fans auf der ganzen Welt können der Vorstellung etwas abgewinnen, dass Torhüter einfach ‚anders‘ sind als der Rest von uns. Mit dieser Studie brachten wir vielleicht zum ersten Mal wissenschaftliche Belege für diese Behauptung“, so Studienleiter David McGovern. Offen sei aber die Frage, ob die Unterschiede auf das strenge Trainingsprogramm von professionellen Torhütern oder auf eine natürliche Begabung zurückzuführen sind, die junge Fußballspieler überhaupt erst dazu bewegt, sich ins Tor zu begeben, so der Psychologe von der Dublin City University.

Um dies beantworten zu können, bedürfe es weiterer Forschung, die den Entwicklungsverlauf von angehenden Torhütern verfolgt. Während an der aktuellen Studie nur Tormänner teilnahmen, will das Forschungsteam zudem in einer geplanten Studie Torfrauen einbeziehen. Und auch die Frage, ob Spieler auf anderen Positionen, wie Sturm und Verteidigung, ebenfalls Unterschiede in ihrer Wahrnehmung aufweisen, wollen die Forscherinnen und Forscher untersuchen.