Visualisierung Crash Explanet
Mark Garlick
Mark Garlick
Astronomie

Kollision von Exoplaneten rekonstruiert

Die Kollision zweier Exoplaneten in den Weiten des Weltraums hat ein internationales Forschungsteam rekonstruiert. Der Crash erzeugte einen vor Hitze glühenden Planeten und eine ihn umgebende Trümmerwolke. Erkannt wurde der Vorfall erst Jahre später.

Die Beobachtungen hat das Team, zu dem auch eine Forscherin des Grazer Instituts für Weltraumforschung gehört, nun im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht. Exoplaneten sind Himmelskörper, die in der Regel um einen Stern außerhalb unseres Sonnensystems kreisen.

Matthew Kenworthy von der Sternwarte der Universität Leiden und seine Masterstudierenden haben im Dezember 2021 mit dem ASASSN-Teleskop-Netzwerk einen rapiden Helligkeitsabfall bei dem ansonsten nicht außergewöhnlichen Stern ASASSN-21qj festgestellt. Nachdem weitere Teleskope auf diese Region des Himmels gerichtet wurden, zeigte sich, dass das rund 500 Tage andauernde Verdunkelungsereignis durch eine Staubwolke, die aus mikrometergroßen Teilchen besteht, hervorgerufen wurde. Diese zog langsam am Stern vorbei und schattete ihn ab.

Hinweis von Amateurastronom

Als Kenworthy wenig später auf Social Media über die entdeckte Trümmerwolke berichtete, erhielt er einen Hinweis von einem Amateurastronomen, wonach in diesem Sternsystem etwa drei Jahre zuvor innerhalb weniger Tage eine starke Zunahme der Helligkeit im infraroten Bereich zu beobachten war. Das Infrarotleuchten wurde von der NEOWISE-Mission aufgezeichnet – und die Helligkeit hält nach wie vor an. Etwa tausend Tage lang beobachteten die Astronominnen und Astronomen im infraroten Teil des Lichtspektrums, wie das Leuchten immer heller wurde und eine Temperatur von 1.000 Kelvin erreichte.

Wie lässt sich ein anhaltendes infrarotes Aufleuchten des Sternensystems und eine im sichtbaren Wellenbereich ablaufende Verdunkelung des Sterns rund 900 Tage später erklären? „Mit Simulation von verschiedenen Szenarien schließen wir, dass zwei Mini-Neptune oder Mini-Uranuse kollidiert sind“, so die Grazer Exoplanetenforscherin Ludmila Carone.

Visualisierung Crash Explanet
Mark Garlick
Visualisierung des glühenden Planeten, der durch die Kollision entstand

Bei diesem Ereignis sind laut Carone zwei interessante Objekte entstanden: Eine Trümmerwolke aus Submikroteilchen – die optisch mit dem ASASSN-Teleskop erkennbar war – und ein etwa 1.000 Kelvin heißer Gasplanet. Dieser dürfe etwas größer als Uranus oder Neptun sein. „Das beobachtbare Leuchten im Infrarotbereich ist das Glühen, welches von der NEOWISE-Mission aufgezeichnet wurde. Es ist die Signatur des neu entstandenen Planeten“, so Carone gegenüber der APA.

Augenblick des Crash verpasst

Dass NEOWISE keine Messdaten der Kollision an sich geliefert hat, dürfte daran liegen, dass die Mission innerhalb von 500 Tagen nur drei Messungen macht – der Augenblick des Crash wurde somit leider verpasst. Nicht verpasst wurde glücklicherweise die Beobachtung der Verdunkelung des Lichts aus dem Sternensystem, das von Kenworthy untersucht wurde. Die sich langsam vom Planeten weg und um den Stern bewegende Trümmerwolke war nach zweieinhalb Jahren in der richtigen Position, um den Stern so abzuschatten, dass von der Erde aus ein Lichtabfall im sichtbaren Wellenlängenbereich wahrgenommen werden konnte.

„Trümmerwolken oder ein Aufleuchten im Infrarot sieht man immer wieder. Aber beides zusammen in so engem zeitlichen Zusammenhang hat man noch nie gesehen“, so Carone. Die Exoplanetenforscherinnen und -forscher gehen davon aus, dass sich die bei der Kollision entstandene Staubwolke in den nächsten Jahren entlang der Umlaufbahn des neuen Planeten ausbreiten wird. Das Sternenlicht, das an dieser Wolke gestreut wird, sollte sowohl mit bodengestützten Teleskopen als auch mit dem James Webb Space Telescope beobachtbar sein und die Astronominnen und Astronomen werden dieses Sternensystem im Auge behalten. Letztendlich werden sich aus der Staub- und Gaswolke vermutlich Monde bilden, die dann den neuen Planeten umkreisen werden.

Laut Carone ist bei der Kollision der beiden Gasplaneten viel Wasserdampf freigesetzt worden, der dabei half, den neu entstandenen Planeten auf nunmehr 1.000 Kelvin abzukühlen. Das zusätzliche Material, das nun die Staubwolke bildet, kann laut Carone nur aus dem Inneren stammen. Das sei „eine wirklich fantastische Gelegenheit, um herauszufinden, woraus solche Gasplaneten in ihrem Inneren bestehen“.