Chinesische Dattel, Ziziphus jujuba, Obst, Landwirtschaft
garmashevanatali – stock.adobe.com
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Wärme lässt neue Obstsorten wachsen

Vor allem im Osten Österreichs wird es zunehmend trocken und heiß. Weil dennoch mit Spätfrost und kalten Wintern zu rechnen ist, stehen Bäuerinnen und Bauern vor der Herausforderung, was in Zukunft auf ihren Feldern wachsen soll. In einem Versuchsgarten in Wien wird deshalb mit Obstsorten wie Granatapfel, Pawpaw und der Chinesischen Dattel experimentiert.

Christoph Ableidinger führt durch den Versuchsgarten in Wien-Essling. Er steuert auf eine Gruppe junger Bäume zu – es sind Chinesische Datteln. Die Pflanze hat mit einer normalen Dattelpalme aus der Wüste nicht viel zu tun, nur die Früchte ähneln sich. Die jungen Bäume tragen schon Früchte, Ableidinger pflückt eine kleine rote Dattel vom Baum. Den Geschmack beschreibt er „wie eine halbgetrocknete Apfelscheibe“.

Ableidinger ist Versuchstechniker am Institut Bio Forschung Austria, einer außeruniversitären Forschungseinrichtung. Ziel des Instituts ist u. a. die Verbesserung des Biolandbaus mit Hilfe interdisziplinärer Forschung und die Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis – gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern.

Chinesische Dattel, Obst, Bioforschungszentrum, Wien-Essling.
Ö1
Chinesische Dattel aus dem Bioforschungszentrum in Wien-Essling

Im Versuchsgarten in Wien-Essling stehen die chinesischen Datteln am trockensten Standort des Grundstücks – es gibt nur 70 Zentimeter fruchtbaren Boden, darunter ist Sand und Schotter. Die Chinesische Dattel ist mit dem Kreuzdorn verwandt und kommt aus dem Nordosten Chinas, wo es trocken und kalt ist. In China sei sie ein sehr beliebtes Obst, erzählt Ableidinger.

Granatapfel, Feige und Pawpaw

Plantagen mit Chinesischen Datteln könnten das Landschaftsbild im Osten Österreichs in Zukunft mitprägen. Schon jetzt gibt es exotisches Obst und Gemüse aus regionalem Anbau immer häufiger auch im Supermarkt. Das Angebot reicht von Süßkartoffeln über Granatäpfel und Feigen bis hin zu Erdnüssen und Oliven. Gerade im Osten Österreichs könnten bald großteils Pflanzen wachsen, die Hitze und Dürre vertragen, zugleich aber winterhart sind und – wegen des Spätfrosts – nicht zu früh austreiben. Dabei könne man sich an Ländern wie Usbekistan und Kasachstan und auch am Balkangebirge orientieren, so Ableidinger.

Granatapfel, Landwirtschaft, Obst
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Der Granatapfelbaum ist bisher eher im Mittelmeerraum und in Asien verbreitet

Auch neue Feigensorten und Granatäpfel entwickeln sich gut im Bioforschungszentrum in Essling. Und auch ein großer Khaki-Baum voller Früchte steht im Testgarten. Neu hier ist die Pawpaw, auch als „Indianerbanane“ bekannt. Sie stammt aus Nordamerika, wird in Österreich bereits auf Plantagen angebaut und im Supermarkt angeboten. Ihr Geschmack ist „Mango–Banane-artig, eine exotische Mischung“, so Ableidinger.

Ohne den Klimawandel würde die Frucht nicht in Österreich wachsen. Laut Ableidinger könne ihr Anbau aber auch als praktische Maßnahme gegen die Erderwärmung genutzt werden, „und zwar, indem man exotische Früchte, exotische Geschmäcker, wenn man die unbedingt haben möchte, in Österreich anbaut anstatt sie mit viel Kerosinverbrauch zu importieren“. Die Pawpaw braucht allerdings eine Zusatzbewässerung, sie ist also nicht ganz klimafit.

Winterharte Artischocken aus Österreich

Ein warmer Oktober wie heuer war bisher nicht üblich, oft gibt es schon am Monatsanfang den ersten Frost, und das kann bei spätreifen Früchten die Ernte zerstören. Bei der Auswahl der Sorten von Khaki, Feige und der Chinesischen Dattel versucht man daher, auf jene zu setzen, die mittel- und frühreif sind. In wärmeren Regionen Österreichs werden auch bereits Erdnüsse angebaut. Diese brauchen zum Keimen viel Wärme, da könne dann wiederum der Spätfrost im Mai gefährlich werden.

Auch Hülsenfrüchte wie die Linse und die Kichererbse – eigentlich alte Sorten – sind trockenresistent und werden deshalb wieder vermehrt angebaut. Linsen kann man am besten auf trockenen, steinigen Böden anbauen. Eine Zukunft in Österreich könnte auch die Artischocke haben: Anna Keutgen von der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien hat neue Züchtungen entwickelt, die winterhart sind und somit mehrjährig angepflanzt werden können. Bisher ging das nicht, es war schlicht zu kalt. „Die Qualität unterscheidet sich nicht von den Artischocken in Italien oder in Frankreich.“

Und auch für die Kräuterproduktion werde Österreich immer interessanter: „Bei uns ist es zwar deutlich wärmer geworden, aber noch nicht zu warm“, so Keutgen. So habe sie etwa eine Anfrage aus Frankreich bekommen, „ob man bei uns Lavendel anbauen könne, weil es in Frankreich zu warm geworden ist und die Qualität hinuntergeht“.

Salat bekommt „Sonnenbrand“

Die großen Umsatzbringer wie Tomaten, Paprika und Salat werden es mit der Hitze schwer haben, sagt Keutgen. Tomaten vertragen beispielsweise keine andauernde Hitze über 30 Grad und Salat bekomme einen „Sonnenbrand“ und gehe ein. Obst und Gemüse werde generell teurer, weil der Anbau aufwendiger werde. Das große Problem seien die ausbleibenden Niederschläge und der Starkregen und Hagel, der zu Erosionen führe. Kaum eine Pflanze komme mit diesen Bedingungen zurecht. Ein weiteres Problem seien Schädlinge, die durch die Wärme mehr Generationen bilden können, und auch exotische Arten schaffen es immer öfter nach Österreich.

Anpassungen sind zwar möglich, ein Um- und Neudenken in der Landwirtschaft sei aber dringend gefordert, so Anna Keutgen und Christoph Ableidinger. Nicht nur mit dem Anbau neuer Obst- und Gemüsesorten, sondern auch durch eine andere Art der Landwirtschaft, bei der der Boden mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann und Pflanzen geschützter wachsen können, etwa durch Mulchen und Carbon Farming. Eine weitere Möglichkeit ist das Ansiedeln von Hecken, die einen Lebensraum für Schädlingsfresser bieten und dem Acker mehr Halt geben.