Junge Mutter blickt auf ihr Baby, das mit weit auferissenen Augen in die Kamera schaut
New Africa – stock.adobe.com
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Entwicklungspsychologie

„Bi-Ba-Butzemann“ trägt zu größerem Wortschatz bei

Eltern singen ihren Babys oft Lieder vor: Das kann sich positiv auf die Sprachentwicklung des Nachwuchses auswirken, wie eine neue Studie zeigt. Abwechslungsreiche Spiellieder wie „Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann“ hängen demnach später mit einem größeren Wortschatz zusammen.

Ein Team um die Entwicklungspsychologin Gabriela Markova von der Universität Wien hat für die Studie zunächst 30 sieben Monate alte Kinder im Labor beobachtet. Ihre Mütter sangen ihnen zwei bekannte Kinderlieder vor – ein Schlaflied („Schlaf, Kindlein schlaf“) und ein Spiellied („Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann“).

Was dabei im Gehirn der Säuglinge vorging, überprüften die Forscherinnen und Forscher mittels EEG. Zusätzlich beobachten sie die rhythmischen Bewegungen der Babys – z.B. Wippen oder Strampeln, wie sie im Fachjournal „Developmental Cognitive Neuroscience“ berichten.

Schlaflieder beruhigen

„Es hat sich gezeigt, dass die Gehirnwellen der Babys den Klang des Gesangs widerspiegeln können, nämlich insbesondere beim Schlaflied“, sagte Gabriela Markova. Das sei auch wenig überraschend gewesen: „Die Funktion von Schlafliedern ist, die Kinder zu beruhigen. Es hat sehr reguläre und vorhersehbare Strukturen. Das hat wahrscheinlich das Tracking erleichtert“, so Markova. Mehr rhythmische Bewegungen zeigten die Säuglinge während des Spiellieds, das sie demnach mehr anregte.

In einem weiteren Versuch waren wiederum 30 sieben Monate alte Kinder nicht, wie im ersten Setting, in einer Babyschale gebettet, sondern saßen mit mehr Bewegungsfreiheit in einem Hochstuhl. Hier hätten vor allem auch die rhythmischen Bewegungen der Kinder, also etwa das Wippen oder Strampeln, als Reaktion auf die vorgetragenen Lieder im Vordergrund der Beobachtung gestanden, so Markova.

Wortschatz im Alter von 20 Monaten untersucht

Als die Kinder 20 Monate alt waren, befragten die Fachleute die Eltern dann mittels Fragebogen über den Wortschatz ihrer Kleinkinder, einerseits in Bezug auf das Verstehen von Wörtern und andererseits in Bezug auf das eigenständige Produzieren. Aus ihren Beobachtungen und auf Basis statistischer Auswertungen habe sich gezeigt, so Erstautorin Trinh Nguyen von der Uni Wien, dass „wohl nur das neuronale Tracking und die rhythmischen Bewegungen beim Spiellied, aber nicht beim Schlaflied, mit einem vergleichsweise größeren Wortschatz der Kinder im Alter von 20 Monaten zusammenhängen“.

Naturalistisches Setting

Wie oft den Kindern daheim und vor ihrem einmaligen Termin im Wiener Kinderstudien Labor die zwei Versuchslieder vorgesungen wurden, habe keine Auswirkung auf das Untersuchungsergebnisse gehabt, meinte Markova. Hier hätten sich keine Zusammenhänge gezeigt. Auch, so „das Besondere“ dieser Studien, habe man ein recht „naturalistisches Setting“ zugelassen – den Müttern wurde also im Voraus Material für das Erlernen der Lieder zur Verfügung gestellt, aber dann auch jeglicher Vortragsstil bzw. Interpretationsspielraum zugelassen. Weitere potenzielle Einflussfaktoren für die Sprachentwicklung von Kindern wurden im Rahmen dieser Studien nicht abgefragt.

Die Studie lege nahe, so hieß es in einer Aussendung der Uni Wien, dass die Art und Weise, wie Babys auf unterschiedliche Lieder reagieren, mit ihrer späteren sprachlichen Entwicklung zusammenhängen könnte. Damit sehen die Forscherinnen und Forscher neue Ansätze gegeben, um die Mechanismen und genauen Zusammenhänge zwischen musikalischer Wahrnehmung und Sprachentwicklung noch besser zu verstehen.