Pflanzen im Vordergrund, dahinter eine untergehende Sonne
Getty Images/EyeEm/Martina Wastian
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Klimaerwärmung

Staaten weit vom 1,5-Grad-Ziel entfernt

Eigentlich will die Welt die Erderwärmung bei 1,5 Grad stoppen. Doch die aktuell von Staaten vorgelegten Klimaschutzpläne reichen dafür längst nicht aus, wie eine Analyse der Vereinten Nationen zeigt.

„Der Bericht zeigt, dass die Regierungen zusammengenommen Babyschritte gehen, um die Klimakrise abzuwenden“, erklärte UNO-Klimachef Simon Stiell am Dienstag. Die Weltklimakonferenz im Dezember in Dubai müsse ein „Wendepunkt“ sein. „Die Regierungen müssen sich nicht nur auf stärkere Klimaschutzmaßnahmen einigen, sondern auch genau zeigen, wie sie diese umsetzen wollen.“

2030 nur zwei Prozent weniger Treibhausgase als 2019

Die internationale Staatengemeinschaft hat das Ziel vereinbart, die Erderwärmung bei 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu stoppen, um die katastrophalsten Folgen wie etwa mehr Dürren, Unwetter, Überschwemmungen und Hitzewellen abzuwenden. Um darzulegen, wie weit die Welt vom Pfad zu diesem Ziel entfernt ist, hat das Klimasekretariat der Vereinten Nationen alle Klimaschutzpläne ausgewertet, die von den Staaten bis zum 25. September eingereicht wurden.

Der Schluss des soeben publizierten Berichts: Selbst wenn alle ihre Pläne umsetzen, lägen die im Jahr 2030 noch ausgestoßenen weltweiten Treibhausgasemissionen nur zwei Prozent unter dem Niveau von 2019. Das bedeutet zwar, dass der Höchstwert des Ausstoßes noch in diesem Jahrzehnt gemessen würde – allerdings für die in Paris beschlossenen Klimaziele viel zu spät. Um die Erderwärmung wie angestrebt bei 1,5 Grad zu stoppen, müssten die Emissionen dem Weltklimarat zufolge im Jahr 2030 bereits 43 Prozent niedriger sein als 2019.

Verglichen mit dem Jahr 2010 lägen die klimaschädlichen Emissionen im Jahr 2030 der Berechnung zufolge sogar immer noch 8,8 Prozent höher. Diese Prognose hat sich seit dem Stand im vorigen Jahr auch nur geringfügig verbessert. Dass Staaten oft ihre eigenen Pläne zum Klimaschutz gar nicht oder nur schleppend umsetzen, ist in dieser Analyse noch gar nicht berücksichtigt.

„Jedes Zehntelgrad zählt“

„Jedes Zehntelgrad zählt, aber wir weichen ernsthaft ab vom Pfad. Die COP28 ist die Zeit, das zu ändern“, sagte Stiell. Der UNO-Klimagipfel COP28 mit Vertretern von rund 200 Staaten findet ab dem 30. November in Dubai statt. „Es ist an der Zeit, die enormen Vorteile eines entschlosseneren Vorgehens gegen den Klimawandel aufzuzeigen: mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne, Wirtschaftswachstum, Chancen und Stabilität, weniger Umweltverschmutzung und bessere Gesundheit.“

Nur Elektroautos „auf richtigem Weg“

Woran es bisher konkret hapert, hält der ebenfalls am Dienstag veröffentlichte Bericht „State of Climate Action“ des World Resources Institute (WRI), des NewClimate Institute sowie Climate Analytics und des Bezos Earth Fund fest. An Tempo fehle es etwa in den Sektoren Energie, Industrie und Transport sowie beim Umbau der Land- und Forstwirtschaft. Von 42 untersuchten Indikatoren sei nur der Verkauf von Elektroautos auf dem richtigen Weg, um die errechneten Etappenziele für 2030 zu erreichen.

Hier einige Beispiele:

  • Der Anteil von Solar- und Windenergie ist in den vergangenen Jahren jährlich im Schnitt um 14 Prozent gestiegen. Nötig wären aber 24 Prozent, um bis 2030 auf 1,5-Grad-Kurs zu kommen.
  • Beim Kohleausstieg müsste sich das Tempo der Studie zufolge versiebenfachen. Umgerechnet bedeutet das, dass jährlich bis 2030 etwa 240 Kohlekraftwerke stillgelegt werden müssten.
  • Waldzerstörung: Von 2021 bis 2022 habe sich die entwaldete Fläche von 5,4 auf 5,8 Millionen Hektar vergrößert, was in etwa der Fläche Kroatiens entspreche.
  • Klimaschädliche Subventionen: Trotz gegenteiliger Versprechen schossen die staatlichen Subventionen für Öl, Gas und Kohle von 2020 auf 2021 um nahezu das Doppelte nach oben – auch wegen der Energiekrise im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

Claire Fyson von Climate Analytics sagte, es sei absurd, angesichts der eskalierenden Klimakrise weiter in großem Stil in Gas- und Kohlekraft zu investieren. Auf der UNO-Klimakonferenz in Dubai im Dezember müssten alle Regierungen weltweit einen fairen und schnellen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle vereinbaren.