Flüssigkeit tropft aus einer Spritze
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Übergewicht

Jo-Jo-Effekt bei „Diätspritzen“

Mit Injektionen Übergewicht bekämpfen: Derartige „Diätspritzen“ haben heuer für weltweites Aufsehen gesorgt. Doch ihre Wirkung ist laut einer neuen Studie beschränkt. Hören Betroffene auf zu spritzen, legen sie danach schnell wieder Kilos zu – ein Jo-Jo-Effekt.

Im Mittelpunkt der im Fachjournal „JAMA“ erschienenen Studie stand der Wirkstoff Tirzepatid (Markenname „Mounjaro“): Er ist in den USA für die Behandlung von Fettleibigkeit zugelassen, in der EU bisher nur zur Bekämpfung von Diabetes Typ 2. Tirzepatid gilt als noch effektiver als der Wirkstoff Semaglutid („Wegovy“), der hierzulande oft gemeint ist, wenn es um Abnehmspritzen geht. Beide wurden ursprünglich als Diabetes-Typ-2-Mittel entwickelt.

Deutlicher Jo-Jo-Effekt

An der Studie nahmen 670 Patientinnen und Patienten in verschiedenen Ländern teil, die zu Beginn fettleibig oder übergewichtig waren. Nach 36 Wochen hätten sie ihr Gewicht im Schnitt um rund 21 Prozent reduziert, berichtet das Team um Louis Aronne vom Weill Cornell Medical College in New York.

Ein Teil der Probanden und Probandinnen bekam den Wirkstoff auch im Anschluss und verlor bis Woche 88 der Studie weitere 5,5 Prozent an Gewicht. Einer zweiten Gruppe gaben die Forschenden nach der ersten Phase nur noch ein Placebo: Diese nahm bis zum Studienende wieder deutlich zu. Bei den Probanden wurde aber im gesamten Studienzeitraum immer noch ein Gewichtsverlust von etwa zehn Prozent verzeichnet.

Die Ergebnisse unterstreichen aus Sicht der Studienautoren, dass die Therapie fortgesetzt werden müsse, wenn man eine Wiederzunahme an Gewicht vermeiden wolle. Mindestens fünf Studien zu verschiedenen Medikamentenklassen – einschließlich der vorliegenden – hätten gezeigt, dass es nach dem Absetzen zu einem deutlichen Jo-Jo-Effekt kommt. Darunter sei auch Semaglutid gewesen. Es würden weitere Studien gebraucht, um den möglichen Langzeitnutzen und -risiken von Kurzzeittherapien zu verstehen.

“Wunderspritzen“ wohl lebenslang

Die Ergebnisse seien „alles andere als überraschend“, sagte Stephan Martin, Chefarzt für Diabetologie und Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums in Düsseldorf und verwies auf nahezu identische Studienergebnisse bei Semaglutid. Beachten müsse man noch, dass Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen besonders ausgewählt, motiviert und außerdem in Sachen Lebensstil besonders trainiert worden seien.

Wegen der geringeren Betreuung in der täglichen Praxis könnten Betroffene nach dem Absetzen der Therapie womöglich sogar schneller wieder zunehmen. „Die Studien zeigen somit eindeutig, die ,Wunderspritzen’ müssen wohl lebenslang genutzt werden“, sagte Martin.

Die Studie zeigt außerdem, dass Nebenwirkungen relativ häufig sind und meist den Magen-Darm-Trakt betreffen: etwa Übelkeit, Durchfall und Verstopfung. Das ist ähnlich wie bei Semaglutid-Präparaten. Die Schwere wird in der Studie als meist mild bis moderat beschrieben, außerdem wurden die Nebenwirkungen mit der Zeit seltener. Manche Menschen brachen die Studienteilnahme allerdings auch wegen Nebenwirkungen ab.