Fingerabdruck, Forensik
Dilok – stock.adobe.com
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Künstliche Intelligenz

Nicht jeder Fingerabdruck ist einzigartig

Der Abdruck eines jeden Fingers galt bisher als einzigartig – auch von ein und derselben Person. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) fand nun ein Student der Universität Columbia in New York zufällig heraus, dass einzelne Fingerabdrücke eines Menschen einander oft ähnlicher sind als bisher angenommen.

Gabe Guo, Student an der Columbia University, mit Begeisterung für künstliche Intelligenz (KI) und ohne Interesse an Forensik, nahm aus einer öffentlichen US-Datenbank 60.000 Fingerabdrücke und fütterte damit ein KI-Modell zu Testzwecken, und zwar paarweise, damit die KI schrittweise lernt, welche Abdrücke zu einer Person gehören. Am Ende erkannte das Modell, welche Fingerabdrücke zu wem gehören und wie sie zusammenhängen. Die Trefferquote lag bei 77 Prozent.

Ein Forschungsteam der Columbia Universität in New York um Hod Lipson vertiefte das Ganze in einer Studie, die nun im Fachjournal „Science Advances“ veröffentlicht wurde.

Neue Vergleichsmethode durch KI

Was macht die KI so anders beim Vergleich von Fingerabdrücken? Laut Studie sind die Abdrücke nach neuen Kriterien verglichen worden: Bisher wurden Verzweigungen und Endpunkte der kleinen Rillen auf der Fingerunterseite zum Vergleich herangezogen. Das KI-Modell sah sich hingegen an, wie gekrümmt die Wirbel und Schleifen eines Fingerabdrucks sind. Bei diesen Merkmalen sind die Finger einer Person in bestimmtem Maße ähnlich.

Das Modell mache noch Fehler, räumt Hod Lipson ein. Damit es präziser werde, brauche es Millionen an Daten. Ein genauer arbeitendes KI-Modell könnte die Arbeit der Forensik erleichtern. Denn bisher war es nicht möglich, einen Zusammenhang zu erkennen, wenn jemand an zwei Tatorten die Abdrücke verschiedener Finger hinterlässt, etwa den Abdruck des rechten Mittelfingers am ersten Tatort und jenen des linken kleinen Finger am zweiten. Das neue KI-Modell könnte Spuren erkennen, die bisherige Vergleichsmethode nicht.

Lipson weist in diesem Zusammenhang auch auf etwas ganz anderes hin: Die Wissenschaft sollte sich auf die Veränderungen durch KI vorbereiten. Es sei einem Studenten ohne Wissen in Forensik gelungen, künstliche Intelligenz so zu nutzen, dass eine weit verbreitete Überzeugung eines ganzen Fachgebiets erfolgreich in Frage gestellt wurde. Die Wissenschaft stehe kurz davor, eine Explosion KI-gestützter wissenschaftlicher Entdeckungen durch Nicht-Experten zu erleben, so Lipson.