Raubvögel können mit ihrem „Adlerblick“ Hunderte Meter weit sehen, Reptilien wie das Chamäleon haben dank ihrer Augenform einen Rundumblick und Katzen erkennen ihre Beute sogar in fahlem Mondschein – der Sehsinn ist für viele Tiere überlebenswichtig und daher besonders hoch entwickelt.
Zudem gibt es bei der Wahrnehmung des Lichts große Unterschiede im Tierreich. Jede Art verfügt über einzigartige Fotorezeptoren, die optimal an die jeweiligen Lebensumstände angepasst sind. Die Fotosensitivität reicht von Infrarot bis Ultraviolett, manche Tiere sehen sogar polarisiertes Licht – das nutzen z. B. Bienen, die wegen ihrer Facettenaugen nicht sehr scharf sehen, zur Orientierung. Den fleißigen Insekten hilft außerdem UV-Licht, denn viele Blüten strahlen in diesem Bereich besonders hell. Neben Bienen haben beispielsweise viele Vögel auch Rezeptoren im UV-Bereich.
Video 1: Biene auf Blüte – in Farben, wie Bienen sie sehen
Biene auf einer Blüte
Kamera zeigt, wie Bienen eine Biene auf der Blüte sehen
Für das menschliche Auge hingegen ist ultraviolettes Licht unsichtbar. Unser Sinnesorgan ist zwar ebenfalls recht hochentwickelt und sieht dank seiner Fotorezeptoren viele Farben. Wie farbenfroh die Welt in den Augen mancher Tiere erscheint, lässt sich jedoch nur erahnen.
Mit den Augen von Tieren
Um nachzuvollziehen, wie sich diese orientieren oder miteinander kommunizieren, versuchen Forscherinnen und Tierfilmer, mit Hilfe spezieller – multispektrografischer – Methoden eine gewisse Vorstellung von der tierischen Weltsicht zu bekommen. Das ist allerdings sehr zeitaufwendig und gute bewegte Bilder gab es bis dato nicht, schreiben die Forscher und Forscherinnen um Vera Vasas von der Queen Mary University of London im Fachmagazin „PLOS Biology“.
Video 2: Regenbogen in den Augen einer Maus (A), einer Biene (B), eines Vogels (C) und eines Menschen (D)
Regenbogen über einer Wiese
Regenbogen betrachtet von vier tierischen Augen
Das Team hat nun ein neues System entwickelt, das möglichst nahe an den tierischen Blick herankommen soll. Es besteht aus einer Kamera, die Licht im blauen, grünen, roten und ultravioletten Spektrum erfasst, und einer Software, die die Daten nachbereitet – basierend auf Wissen rund um die Fotorezeptoren verschiedener Tiere wird ein Video in jenen Farben erstellt, die der Wahrnehmung eines bestimmten Tiers entsprechen.
Die Kamera kombiniert existierende multispektrale Methoden außerdem mit einer speziellen Hardware, die sichtbares von ultraviolettem Licht trennt und zu zwei Kameras leitet. So werden alle Farbkanäle simultan aufgezeichnet, den Rest an Berechnungen und Transformationen erledigt der Computer.
Video 3: Wie Bienen einen Menschen beim Eincremen wahrnehmen
Ein Mensch cremt sich mit Sonnenschutz ein
Wie Bienen Sonnenschutz sehen
Video 4: Wie Bienen einen Schmetterling sehen
Schmetterling auf einer Blume
Wie Bienen einen Schmetterling sehen
Im Rahmen der soeben erschienenen Studie wurde das Open-Source-System nun verwendet, um unter anderem die Wahrnehmung von Bienen und Vögel zu imitieren. Es lasse sich aber für alle Tiere anpassen, über deren Fotorezeptoren man Bescheid weiß, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Die spezielle Kamera biete bei der Feld- und Verhaltensforschung in der freien Natur ab sofort ganz neue Möglichkeiten.