Mond
NASA Goddard
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Kommerzielle Nutzung kaum geregelt

Die US-amerikanische Raumfähre „Nova-C“ ist auf dem Weg zum Mond – dort soll mit ihr am Donnerstag die erste kommerzielle Landung eines nicht staatlichen Unternehmens gelingen. Klare internationale Regeln für Missionen dieser Art fehlen aber. Die Frage, wer auf dem Mond wo landen darf, könnte in Zukunft daher auch für politische Debatten und Konflikte sorgen.

Nach mehreren gescheiterten Versuchen konnte das US-Unternehmen „Intuitive Machines“ die Raumfähre „Nova-C“ vergangenen Donnerstag in Richtung Mond schicken. Der Weg zum Erdtrabanten soll rund eine Woche dauern. Wenn alles nach Plan verläuft, kommt es bald nicht nur zur ersten kommerziellen Mondlandung in der Geschichte der Raumfahrt – es wäre auch die erste erfolgreiche Landung für die USA seit den Apollo-Missionen vor über 50 Jahren.

Das wirtschaftliche Interesse am Erdtrabanten wächst, „Nova-C“ ist daher nur die erste von vielen kommerziellen Raumfähren, die künftig zum Mond aufbrechen werden. Einen international gültigen rechtlichen Rahmen für diese Missionen gibt es nicht. „Der wichtigste Vertrag, den wir da haben ist der Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967. Etwas wie kommerzielle Akteure auf dem Mond sieht er aber noch gar nicht vor“, erklärt der Weltraumspezialist und Politikwissenschaftler Lars Petzold vom Europäischen Institut für Weltraumpolitik (ESPI) gegenüber science.ORF.at.

Viele Staaten, ein Himmelskörper

Bisher konnten nur fünf Länder auf dem Mond landen – die USA, Japan, China, Indien und die ehemalige Sowjetunion. Petzold hält es aber für realistisch, dass künftig auch noch weitere Staaten den Weg zum Erdtrabanten schaffen. Verschiedene Länder haben aber oft auch unterschiedliche Ziele. „Aufgrund politischer Interessenslagen verschiedenster Art ist es zunehmend schwer den Weltraumvertrag auf dem neuesten Stand zu halten“, so Petzold.

Das Ziel der Apollo-Missionen vor über 50 Jahren war klar: „Wir fliegen dort hin, wir zeigen, dass wir landen können und demonstrieren so unsere eigenen technologischen Fähigkeiten“, so der Weltraumspezialist. Die politische Machtdemonstration war damals weit wichtiger als die eigentliche Erkundung des Himmelskörpers.

Heute ist das zum Teil anders, wenn auch das politische Interesse an erfolgreichen Mondlandungen weiterhin anhält: „Was wir aktuell wollen, ist die permanente Nutzung des Mondes. Wir wollen eigentlich den Aufbau einer Mondökonomie, wo dann Astronauten auch langfristig stationiert sind.“

Keine Gebietsaneignung vorgesehen

Eine der wichtigsten, bis heute geltenden Regeln ist im Weltraumvertrag aus dem Jahr 1967 schon im ersten Artikel festgelegt. „Der Mond gehört niemandem und laut dem Vertrag ist die territoriale Aneignung bestimmter Gebiete nicht vorgesehen“, so Petzold. Die von Neil Armstrong und Edwin „Buzz“ Aldrin gehisste US-Flagge im Rahmen der Apollo-11-Mission hatte also rein symbolische Wirkung. Im Weltraumvertrag ist klar geregelt, dass der Mond allen Nationen freisteht.

Wer zuerst kommt…

… mahlt zuerst – das gilt gewissermaßen auch bei der Flächenvergabe für Mondlandungen. Wo welche Raumfähren landen, wird derzeit vom Büro für Weltraumfragen (UNOOSA) der Vereinten Nationen überwacht. „Im Grunde muss man dort aber nur anmelden, dass man etwas vorhat – man muss die UNO also benachrichtigen“, so Petzold. „Mir ist kein Fall bekannt, in dem eine Mission wirklich einmal untersagt wurde. Und selbst wenn es so wäre, ist fraglich, ob das dann wirklich eine Wirkung hätte.“

Im US-amerikanischen „Artemis-Accords“ will man den künftig vielleicht entstehenden Problemen um die kommerzielle Nutzung des Mondes mit neuen Regelungen begegnen. 35 Staaten haben die Übereinkunft mittlerweile unterzeichnet. Um Mondbasen sollen etwa Sicherheitszonen entstehen, in denen keine anderen Staaten agieren dürfen. Auch der Bau des Lunar Gateways, einer großen Raumstation im Mondorbit, ist Teil der geplanten Artemis-Missionen. Die Frage, wer auf dem Mond wo landen darf, sei damit aber immer noch nicht klar geregelt, meint Petzold.

Wachsendes Interesse an Ressourcen

Auch in Sachen Ressourcenabbau ist die rechtliche Lage unklar. Der kommerzielle Abbau von Mondgestein, um es anschließend zur Erde zu bringen, lohnt sich finanziell nicht, sofern die Kosten für die Missionen nicht drastisch sinken. Für die Forschung ist die Entnahme von Proben bereits rechtlich geregelt, der Weltraumvertrag sieht aber vor, dass die daraus gewonnen Erkenntnisse allen zustehen. „Das kommerzielle Interesse an diesen Missionen hält sich also in Grenzen“, so Petzold.

Neue Regelungen brauche es hingegen für einen anderen Zweck. „Die Ressourcen, die wir vor Ort abbauen, um sie dann den dortigen Astronauten oder Robotern für den Aufbau der Mondökonomie zur Verfügung zu stellen – deren Abbau muss reguliert werden“, so der Weltraumspezialist. Irgendwann solle der Mond schließlich als Ausgangspunkt für weitere Erkundungsmissionen dienen – deshalb seien bestimmte Ressourcen, wie etwa Wasserreserven auf dem Südpol, extrem gefragt.

Konflikte denkbar

Der Experte nimmt an, dass es wahrscheinlich noch einige Jahre dauert, bis es zu einer Einigung und international geltenden Gesetzen von Seiten der UNO kommt. „Ich sehe in der Regel nicht, wie wir das im Weltraum kurzfristig oder mittelfristig schaffen können.“ Petzold geht davon aus, dass es nach der ersten Welle an kommerziellen Erkundungsmissionen zu politischen Debatten und eventuell sogar Konflikten kommt, bevor sich aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen ein rechtlicher Rahmen bildet.

Um an den Weltraumgesetzen mitwirken zu können, bestehe in Europa jedenfalls noch großer Aufholbedarf. Man müsste vor allem als autonomer Akteur mitmischen und sich nicht nur an den Missionen anderer Staaten beteiligen, so Petzold. „Wenn diese besonders gefragten Plätze am Mond irgendwann belegt sind, dann kommen wir dort gar nicht mehr hin. Dann werden wir bei der weiteren Erkundung des Sonnensystems für immer von anderen Akteuren abhängig sein.“