Kind, Waage, Gewicht, Gesundheit
Maya Kruchancova – stock.adobe.com
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Gesundheit

160 Millionen Kinder stark übergewichtig

Etwa eine Milliarde Menschen weltweit hat starkes Übergewicht. Die Anzahl betroffener Kinder und Jugendlicher hat sich seit den 1990er Jahren vervierfacht, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigt. Armut ist einer der Hauptfaktoren für den Anstieg.

Zwischen 1990 und 2022 hat sich die Zahl krankhaft übergewichtiger Erwachsener (ab 20 Jahre) mehr als verdoppelt, die der Kinder und Jugendlichen (fünf Jahre bis 19 Jahre) ist weltweit um das Vierfache gestiegen.

In konkreten Zahlen: 2022 galten 879 Millionen Erwachsene als stark übergewichtig. Bei Kindern und Jugendlichen waren es 159 Millionen (Mädchen: 65 Millionen, Burschen: 94 Millionen). Das geht aus der Studie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hervor, die nun im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurde. 1.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des internationalen Netzwerkes „NCD Risk Factor Collaboration“ haben die Daten aus 190 Ländern erhoben und untersucht.

Adipositas als Zeichen von Armut

Krankhaftes Übergewicht hat ausgerechnet in jenen Ländern stark zugenommen, in denen Teile der Bevölkerung auch mit Unterernährung zu kämpfen haben. Das sind die Inselstaaten im Pazifik und in der Karibik, die Länder des Mittleren Osten (Iran, Afghanistan, Pakistan, Indien, Nepal, Bhutan, Sri Lanka und Bangladesch) und Nordafrikas. Die Anzahl der Menschen, die zu wenig zu essen haben, ging zurück. Dafür stieg in manchen dieser Länder die Anzahl stark übergewichtiger Menschen mehr als vergleichsweise in reicheren Ländern, etwa in Europa.

Nach Definition der WHO sind sowohl Adipositas als auch Unterernährung Formen mangelhafter Ernährung und ein Zeichen von Armut. Guha Pradeepa von der Madras Diabetes Research Foundation in Indien und Koautorin der Studie warnt, dass beide Probleme künftig größer werden könnten. Die Auswirkungen des Klimawandels, Kriege, wie der in der Ukraine, aber auch die Nachwehen der Covid-19-Pandemie würden die Lage verschärfen. Es gebe immer mehr arme Menschen, die sich nahrhafte Lebensmittel nicht leisten können. Der Griff zu Produkten, die günstiger aber weniger gut seien, sei die Folge, so Pradeepa.

„To go“ und Snacks statt frisch gekocht

Neben wirtschaftlichen Faktoren führt die Studie auch andere Überlegungen an, warum Adipositas – vor allem in wohlhabenderen Teilen der Erde – zunimmt: Das sind ein geänderter Lebensstil und das große Angebot an industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln. Hochverarbeitete Lebensmittel sind jederzeit verfügbar, haben oft viele Kalorien, machen aber nicht lange satt.

Oft berufsbedingt essen mehr Menschen außer Haus als früher. Man geht in die Kantine, greift zu Snacks oder „To Go“-Produkten. Manche Berufe sind nicht mehr mit so großer körperlicher Anstrengung verbunden wie früher. Der individuelle Speiseplan ist aber mitunter – von den Kalorien her – immer noch darauf ausgerichtet.

„Die neue Studie zeigt deutlich, wie wichtig es ist, krankhaftes Übergewicht zu verhindern und etwas dagegen zu unternehmen – und zwar von den ersten Lebensjahren an bis ins Erwachsenenalter, mittels gesunder Ernährung, Sport und wenn notwendig, medizinischer Versorgung“, so der Direktor der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Österreich: Mehr als Hälfte der Menschen übergewichtig

Nach Angaben der Österreichischen Adipositas Allianz und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) sind mehr als die Hälfte der Erwachsenen und etwa ein Viertel der Kinder und Jugendlichen übergewichtig oder adipös. Auch in Österreich sind Männer in allen Altersgruppen häufiger betroffen: 41 Prozent sind übergewichtig. 18 Prozent leben mit Adipositas. Bei Frauen ist der Anteil etwas geringer mit 27 Prozent Übergewicht und 15 Prozent Adipositas.

Probleme beginnen aber bereits bei den Kindern: Bei den Neunjährigen sind mehr als 31 Prozent der Buben und 29 Prozent der Mädchen übergewichtig oder adipös. Krankhaft übergewichtige Menschen erleben oft Ausgrenzung, was zu psychischen Problemen führen kann, so die Adipositas Allianz. Dazu kommen Folgeerkrankungen wie Diabetes, erhöhter Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Demenz.

Das belastet Betroffene, wirkt sich aber auch auch Wirtschaft und Gesundheitssystem aus. So zeigen Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für Europa (OECD), dass Adipositas zwischen 2020 und 2050 das österreichische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Schnitt um 2,5 Prozent pro Jahr reduziert. Miteingerechnet werden hier auch indirekte Kosten wie Krankenstand und vorzeitige Pensionierungen.