Testanlage in Dänemark für CO2-Abspaltung
Ida Guldbaek Arentsen / Ritzau Scanpix / AFP
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Prognose

CO2-Emissionen 2050 höher als heute

Die Bemühungen der Menschheit reichen derzeit bei Weitem nicht, um die Erderwärmungen auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wie völkerrechtlich vereinbart wurde, berichtet ein Forschungsteam aus Wien. Anstatt „netto null“ zu erreichen, werden die Treibhausgasemissionen ohne drastische Veränderungen bis 2050 deutlich steigen.

Das Computermodell, das Lukas Vashold und Jesus Crespo Cuaresma vom Department für Volkswirtschaft der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien entwickelten, wurde mit ökonomischen und demografischen Daten „gefüttert, um realistische Vorhersagen für die Treibhausgasemissionen von 173 Staaten bis zum Jahr 2050 auszuspucken“, heißt es in einer Aussendung der WU. Das Ergebnis sei ernüchternd.

Vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern lassen starkes Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum laut den neuen Modellberechnungen die Emissionen weiter ansteigen. Einige reiche Länder könnten die ausgestoßenen Treibhausgasmengen im Industrie- und Energiesektor zwar reduzieren, doch beim Transport würden sie auch hier anwachsen.

„Eine stärkere Elektrifizierung wäre hier ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu Netto-null-Emissionen“, so Crespo Cuaresma: „Es ist aber wichtig, dass der Strom für die Elektroautos klimaneutraler produziert wird als bisher.“

Spitzenreiter 2050: USA, Indien, China

Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens – eine Klimaerwärmung von 1,5 Grad als Zielpfad gegenüber der vorindustriellen Zeit, jedoch deutlich unter zwei Grad zu bleiben – zu erreichen, müsste man global laut den Vereinten Nationen im Jahr 2050 bei Netto-null-Emissionen angekommen sein; es müssten also die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen zur Gänze wieder ausgeglichen werden.

Anhand der Prognosen der WU-Forscher sind aber negative Spitzenreiter beim Treibhausgasausstoß im Jahr 2050 die USA, Indien und China. Demnach würde im Jahr 2033 Indien die USA überholen und vom zweiten Rang verdrängen. Die Studie wurde im Fachjournal „Communications Earth & Environment“ veröffentlicht.

„Überwachungsorganisation“ aus der Wissenschaft

„Große Diskrepanzen ergeben sich, wenn man die Daten des Modells mit den Emissionszahlen vergleicht, die einige Staaten bei den UNO-Klimakonferenzen vermelden“, so die Wissenschaftler. Bei Schwellenländern wie der Türkei, Indonesien und dem Iran übersteigen die errechneten Emissionen die Zahlen des Modells sogar um mehr als 50 Prozent. „Diese Staaten überschätzen sie wahrscheinlich, damit ihre geplanten Maßnahmen wirkungsvoller aussehen“, so Crespo Cuaresma. Er schlägt vor, dass dagegen eine wissenschaftliche Watchdog-Organisation, eine „Überwachungsorganisation“, eingerichtet wird.

Bisherige Österreich-Prognosen zu optimistisch?

Die Prognosen des globalen Modells sind auch „etwas pessimistischer“ als jene des österreichischen Umweltbundesamtes, so Vashold: Es würde kaum einen Rückgang der Emissionen, sondern eher einen leichten Anstieg (nach einem starken Rückgang ausgelöst durch die Coronavirus-Pandemie) projizieren. „Der größte Unterschied zeigt sich dabei im Transportsektor, in welchem laut WU-Modell ein Anstieg um knappe fünfzehn Prozent bis 2040 prognostiziert wird, während das Umweltbundesamt einen Rückgang von knapp zehn Prozent sieht.“