Wasserstelle in Südafrika, Trockenheit
AFP/WIKUS DE WET
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Trockenheit

Supervulkan beeinflusste Ausbreitung des Menschen

Auf seinem Weg von Afrika in den Rest der Welt hat der moderne Mensch feuchte und fruchtbare Phasen genutzt, so die gängige Annahme. Laut einer neuen Studie gilt das nicht für die letzte, wahrscheinlich wichtigste Migrationswelle vor 60.000 bis 70.000 Jahren. Nach dem Ausbruch eines Supervulkans war es damals nämlich extrem trocken.

Es war eines der gewaltigsten vulkanischen Ereignisse der Menschheitsgeschichte: der Ausbruch des Supervulkans Toba auf der indonesischen Insel Sumatra vor 74.000 Jahren. Wie sehr die gewaltige Eruption das damalige Klima veränderte und damit den Menschen womöglich an den Rand des Aussterbens brachte (Toba-Katastrophentheorie), ist in Fachkreisen höchst umstritten. Sicher ist allerdings, dass der Ausbruch nachweisbare Spuren auf der Erde hinterlassen hat, etwa in Form von mikroskopisch kleinen Glaspartikeln (Kryptotephren) in Sedimentschichten.

Spuren des Ascheregens

Solche wenige Mikrometer großen Überreste des Ascheregens legte ein Team um John Kappelman von der University of Texas, Austin nun an einer mittelsteinzeitlichen Ausgrabungsstätte in der Nähe des Flusses Shinfa im nordwestlichen Äthiopien frei und identifizierte sie als Spuren des Toba-Ausbruchs.

Steinzeitliche Ausgrabungsstätte in Äthiopien
John Kappelman
Die steinzeitliche Ausgrabungsstätte in Äthiopien

Gefunden wurden außerdem Steinwerkzeuge und Überreste von Tieren. Gejagt wurden damals unter anderem Antilopen und Affen. Einschnitte auf Knochen zeigen, dass diese auch gekocht wurden. Laut den Forschern und Forscherinnen bestätigen das Befunde aus anderen Regionen: Die damaligen Menschen überlebten den Vulkanausbruch nicht nur, sie kamen mit den klimatischen Folgen wohl besser zurecht als oft vermutet.

„Blaue Korridore“

Wie das Team nun im Fachmagazin „Nature“ berichtet, zeigen Isotopenanalysen von Tierzähnen und Straußeneierschalen, dass die Gegend damals sehr trocken war – ähnlich wie in extremen Trockenzonen in Ostafrika heute. Vermutlich trockneten manche Flüsse zeitweilig sogar komplett aus, und die Menschen jagten Tiere, die zu den zurückbleibenden Wasserstellen kamen, um ihren Durst zu stillen. Die Werkzeugfunde legen nahe, dass dafür bereits eine Art Pfeil und Bogen verwendet wurde.

Steinwerkzeuge, kleine Pfeilspitzen
Blue Nile Survey Project
Gefundene Pfeilspitzen

Paradoxerweise konsumierten die Bewohner und Bewohnerinnen der steinzeitlichen Siedlung in diesen trockenen Phasen auch mehr Fische, denn in den Wasserstellen sind diese viel leichter und ohne Hilfsmittel zu fangen.

Die schrumpfenden Wasserstellen könnten die Menschen auf der Suche nach Nahrung zudem zu weiteren Wanderungen gezwungen haben. „Wenn die Leute das Angebot verbraucht hatten, mussten sie neue Wasserstellen suchen“, erklärt Kappelman in einer Aussendung zur Studie.

Die saisonalen Veränderungen trieben die Bevölkerung von einer Wasserstelle zur nächsten – gewissermaßen entlang eines „blauen Korridors“. Die Suche nach neuen Nahrungsquellen könnte ein paar Menschen in solchen Dürrephasen am Ende dazu gebracht haben, bei den Wanderungen sogar den Kontinent zu verlassen und von Afrika aus die ganze Welt zu besiedeln.

Klima als Antrieb

Die Bewohner und Bewohnerinnen der äthiopischen Siedlung gehörten ziemlich sicher nicht selbst zu dieser Gruppe. Aber sie lebten etwa zur selben Zeit und somit unter ähnlichen Gegebenheiten. Das höchst flexible Verhalten der Steinzeitmenschen – wie es an der nun untersuchten Fundstätte deutlich wird – könnte erklären, warum und wie die große Wanderbewegung funktioniert hat, heißt es in der Studie.

Die meisten bisherigen Theorien gingen von „grünen Korridoren“ aus – also von Routen, die in feuchten Phasen besonders fruchtbar waren und so den Weg der Siedlergemeinschaften ebneten. Nach den neuen Ergebnissen könnte es genau umgekehrt gewesen sein: Die Trockenheit und die schwierigen klimatischen wie lokalen Bedingungen waren für die Anpassung des modernen Menschen und seine Ausbreitung in den Rest der Welt womöglich noch wichtiger.