Vogelgrippe

Schwierigkeiten bei Impfstoffproduktion

In den USA sind in letzter Zeit Fälle von H5N1-Vogelgrippe bei Vögeln und Kühen gemeldet worden. Fachleute wiesen jetzt auf erwartete Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von ausreichend Impfstoff zum vorbeugenden Schutz hin. Im Falle einer Pandemie wären bei beschränkten Produktionskapazitäten mit einem Schlag 16 Milliarden Dosen erforderlich.

Bisher wurde in den USA ein einziger Erkrankungsfall bei einem Menschen durch H5N1 im Staat Texas registriert. Doch nach dem Auffinden von Viruserbsubstanz in der Milch von Kühen in 29 Herden in acht US-Bundesstaaten stimmte auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit den US-Behörden überein: Das Influenza-A-Virus H5N1 kann von Vögeln auf Kühe übertragen werden, es gibt Infektionen von Kühen auf Kühe und von Kühen zurück auf Vögel.

Die gute Nachricht sei, schrieb dazu der US-Pharmainformationsdienst Stat am Wochenende: „Die Welt produziert eine große Menge an Influenzavakzinen und hat das über Jahrzehnte hinweg getan. Die Arzneimittelbehörden haben gut funktionierende Prozesse, um den Herstellern schnelle Anpassungen (an neue Virusvarianten; Anm.) ohne komplette Neuzulassungen zu ermöglichen.“

Die schlechte Nachricht sei allerdings, dass derzeit weltweit vorhandenen Produktionskapazitäten nicht annähernd an das heranreichen, was man für eine Impfung der Weltbevölkerung im ersten Jahr einer Pandemie benötigen würde.

Neue Herausforderung

Beim Entstehen einer Vogelgrippepandemie wäre die immunologische Situation der Menschheit ähnlich jener beim Aufkommen von SARS-CoV-2: Sie wäre mit einem für das körpereigene Abwehrsystem völlig neuen Krankheitserreger konfrontiert.

Nun war die Produktion von elf Milliarden Dosen an Covid-19-Vakzinen innerhalb von 14 Monaten (bis Februar 2022; Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie Anfang 2020) samt der Neuzulassung der damals revolutionären mRNA-Vakzine ohne vorherige Erfahrungen mit dieser Technologie auf breiter Basis ein riesiger Fortschritt. Eine Vogelgrippepandemie wäre aber eine neue Herausforderung.

Zwei Impfungen notwendig

„Während der A/H1N1-Pandemie von 2009 (Schweinegrippe; Anm.) war das ‚neue‘ Virus weitschichtig verwandt mit einem (andere A/H1N1-Stämme; Anm.), das schon im vorangegangenen Jahrhundert zirkulierte. Das machte nur eine Impfung notwendig. Bei einer A/H5N1-Pandemie darf man das nicht erwarten“, schrieb der Informationsdienst.

Die Konsequenz: Für einen Schutz wären auf jeden Fall zwei Impfungen notwendig. Damit käme man auf rund 16 Mrd. Dosen einer Vakzine, wahrscheinlich ein bisschen weniger, weil Babys unter sechs Monaten gegen die Influenza normalerweise nicht geimpft werden.

mRNA-Impfstoffe werden getestet

Bisher existieren laut dem Stat-Informationsdienst keinesfalls genügend Produktionskapazitäten beispielsweise für eine H5N1-Pandemie. Derzeit können pro Jahr weltweit rund 1,2 Milliarden Dosen an Influenzavakzinen hergestellt werden. Sie enthalten zumindest drei Antigene gegen zwei Influenza-A-Stämme und einen Influenza-B-Stamm. Ein Pandemieimpfstoff würde nur Antigene der Verursacherviren enthalten. Daher könnten 3,6 Milliarden Dosen produziert werden.

Im Falle einer H5N1-Pandemie müsste es jedenfalls sehr schnell gehen, wenn man diese bereits von Anfang an unter Kontrolle bringen will. Bei der Schweinegrippe von 2009/2010 wurde in den USA der Gipfel der Impfstoffbereitstellung im Jänner 2020 erreicht. Der Gipfel der Erkrankungen hatte aber bereits Mitte Oktober 2009 stattgefunden.

Bleibt die Frage, ob die neue mRNA-Technologie einen Ausweg bringen könnte. Sowohl Pfizer (BioNTech) als auch Moderna beschäftigen sich mit der Entwicklung von mRNA-Vakzinen gegen die Influenza. Dies gilt sowohl für die saisonale Influenza mit den bekannten Virusstämmen als auch für die Vogelgrippe. Moderna testet derzeit eine solche A(H5N1)-Vakzine, ebenso aber auch Impfstoffe, bei denen der Schutz gegen Covid-19 mit einem gegen die Influenza kombiniert werden soll.