NS-Zeit

„Digitale Erinnerungslandschaft“ für ganz Österreich

Die „Digitale Erinnerungslandschaft“ (DERLA) der Universität Graz sowie der Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) soll bis 2025 auf ganz Österreich ausgeweitet werden. Derzeit umfasst die digitale Landkarte, auf der Erinnerungsorte und -zeichen für Opfer bzw. Orte des Terrors des Nationalsozialismus verzeichnet sind, die Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Steiermark und Burgenland.

Auf der digitalen Plattform finden sich selbstgeführte aufbereitete Rundgänge zu den Erinnerungsorten sowie Opferbiografien, außerdem werden Hilfestellungen für Lehrkräfte vermittelt, die mit ihren Klassen selbstständig mehr zu den einzelnen Stätten erarbeiten möchten. Damit solle die schulische Erinnerungskultur gestärkt werden, so Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) vor Journalisten.

DERLA solle „Erinnerungsorte und -zeichen sichtbar machen, die in der unmittelbaren örtlichen Nähe der Schülerinnen und Schüler zu finden sind. So gibt es auch ein deutlicheres Erleben von Geschichte. Es ist ein Unterschied, ob man etwas hört von Verbrechen, die ganz weit weg passiert sind, oder wenn man etwa erfährt, dass zum Beispiel ein Opfer in der unmittelbaren Nachbarschaft gelebt hat oder eine Synagoge in unmittelbarer Nähe zerstört worden ist. Dann wird Geschichte viel greifbarer.“

Mit Vermittlung verknüpft

Georeferenzierte Projekte gebe es bereits für unterschiedliche Stätten, betonte der Historiker Gerald Lamprecht. „Wir gehen aber noch einen Schritt weiter, indem wir die Orte mit Vermittlungsansätzen verknüpfen.“ Am frei zugänglichen Projekt des Centrums für Jüdische Studien und des Zentrums für Informationsmodellierung der Uni Graz bzw. des OeAD-Programms ERINNERN:AT sind deshalb neben Historikern auch Medienpädagoginnen sowie Vertreterinnen und Vertreter der digitalen Geisteswissenschaften und der Geschichtsdidaktik beteiligt.

Ab den 1990er-Jahren seien in der Erinnerungsarbeit die Erzählungen von Zeitzeugen ins Zentrum gerückt, schilderte Lamprecht. So habe man an Schulen authentische Erzählungen vermitteln können. Diese Generation sterbe aber langsam aus. „Deshalb kommt jetzt dem Ort eine zentrale Überlegung zu. Geschichte passiert nicht irgendwo, sondern auch hier ums Eck. Der Nationalsozialismus hat hier stattgefunden, auch an der eigenen Schule. Das kann ein Anknüpfungspunkt sein für historisches Lernen.“

Geschichte ist überall

Ziel sei es daher, alle Erinnerungszeichen und Orte des Terrors in dieser Landkarte einzutragen und auch mit Infos und Fotos versehen, so Lamprecht. Wichtig sei es auch zu zeigen, wie erinnert wird. So würden etwa Kriegerdenkmäler sehr zentral am Hauptplatz stehen, während die Erinnerungszeichen oft sehr versteckt seien. „Wie wird an Widerstand erinnert, wie wird an NS-Terror erinnert und wie an Euthanasie – das gilt es auch analytisch auszudifferenzieren.“

Für Salzburg soll die Karte Ende 2024/Anfang 2025 verfügbar sein, Wien mit 1.600 Erinnerungsorten und 1.500 Opferbiografien folgt ebenfalls Anfang 2025. Für Niederösterreich soll es Ende 2025 so weit sein, für Oberösterreich steht erst mit heuer der Projektbeginn fest. Darüber hinaus sollen noch heuer alle Außenlager der KZ Mauthausen und Dachau in Österreich abrufbar sein.