Nüsse, Tannenzapfen, Äpfel und Zimtsterne – Weihnachtliche Lebensmittel
ChristArt/stock.adobe.com
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Nüsse

„Brainfood“ in der Weihnachtszeit

Vor Weihnachten stehen Nüsse hoch im Kurs, sei es als Beigabe im Nikolosackerl, sei es in Form von Weihnachtsbäckerei. Warum sie nicht nur köstlich, sondern auch gut für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unseres Gehirns sind, erläutern die beiden Fachleute Raphael Wurm und Alexandra Schebesta in einem Gastbeitrag.

Die Gesundheit unseres Gehirns und damit der Erhalt seiner Fähigkeiten beruht auf einem komplexen Zusammenspiel vieler Faktoren. Einer davon, den wir täglich im wahrsten Sinn des Wortes selbst in der Hand haben, ist unsere Ernährung. In der Weihnachtszeit denken wir dabei allerdings hauptsächlich an Versuchungen, denen es zu widerstehen gilt. Doch Nüsse – Bestandteil vieler Weihnachtsbäckereien und auch roh eine beliebte Knabberei für zwischendurch – könnten einen vorweihnachtlichen „Boost“ fürs Gehirn liefern: Denn sie schmecken nicht nur gut, sondern haben auch den Ruf, positive Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unseres Gehirns zu haben.

Harte Schale, gesunder Kern

Typisch für Nussfrüchte, die botanisch gesehen zu den Schließfrüchten zählen, ist die Verholzung ihrer drei Fruchtwandschichten zur Schale. Diese umschließt einen Samen – den als „Nuss“ bezeichneten ölhaltigen Kern, der meist essbar ist.

Porträtfotos von Alexandra Schebesta und Raphael Wurm
Open Science / Martina Lajczak

Über Autorin und Autor

Alexandra Schebesta ist promovierte Genetikerin und war lange Zeit auf dem Gebiet der Stammzellforschung und Immunologie tätig. Sie betreut heute bei Open Science Projekte im Bereich der Wissenschaftskommunikation. Raphael Wurm ist Neurologe im Universitätsklinikum AKH Wien. An der Medizinischen Universität Wien erforscht er Demenzerkrankungen.

Alle Nüsse haben prinzipiell ähnliche Inhaltsstoffe: Sie sind generell wasserarm und reich an Fett, Eiweiß, Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Außerdem dienen sie als gute Quelle für Mineralstoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe, wobei es in der genauen Zusammensetzung Unterschiede bei den verschiedenen Nussarten gibt. Da Nüsse „kerngesund“ sind, sollten sie Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt sogar, eine Portion Obst am Tag durch eine Hand voll Nüsse zu ersetzen.

Studien zu Nüssen: eine „harte Nuss“

Die Auswirkung von Nüssen auf die menschliche Gesundheit interessiert die Wissenschaft und Medizin schon seit langem. Es ist allerdings prinzipiell recht kompliziert, die Auswirkungen einzelner Bestandteile unserer Ernährung isoliert zu untersuchen. Zu diesem Zweck werden beispielsweise in vitro-Versuche durchgeführt, bei denen der Effekt bestimmter Inhaltsstoffe im Labor analysiert wird. Auch Ernährungsstudien, bei denen Nahrungsmittel oder deren Bestandteile ähnlich wie Medikamente untersucht werden, werden dafür oft eingesetzt.

Häufig können einzelne Studien jedoch aufgrund von Unterschieden in Studiendauer, Anzahl der Proband:innen, Menge des konsumierten Nahrungsmittels und teils auch der gemessen Parameter bzw. verwendeten Tests oft schwer verglichen werden. Die aussagekräftigsten Daten zur Wirkung von Nüssen auf die menschliche Gesundheit stammen aus Metastudien. In diesen systematischen Übersichtsarbeiten wird eine Vielzahl von Studien kombiniert, gemeinsam analysiert und statistisch ausgewertet, sodass eine eindeutige Aussage getroffen werden kann.

So wurde etwa durch Metastudien erhoben, dass sich der regelmäßige Verzehr von Nüssen positiv gegen Krebs auswirken könnte, und auch eine antibakterielle Wirkung wird den gesunden Energiepaketen zugeschrieben. Nusskonsum kann außerdem das Risiko, an Diabetes oder Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs zu erkranken, reduzieren und Gallensteinen vorbeugen.

Positive Effekte bei Hirnerkrankungen

Für viele Bestandteile der Nuss konnte des Weiteren eine positive Auswirkung auf die Gesundheit unserer Gefäße und des Blutkreislaufs im Allgemeinen gezeigt werden. Dies wirkt sich indirekt auch auf unser Denkorgan. aus, da Personen mit gesunden Gefäßen und einem gut funktionierenden Blutkreislauf weniger häufig an Erkrankungen des Gehirns leiden. So sind bei ihnen insbesondere Schlaganfälle und Hirnblutungen seltener, aber auch Demenzerkrankungen können so vermieden werden.

offene Walnuss
APA/dpa/Patrick Seeger
Walnüsse gelten als besonders gesund

Gerade bei diesen so häufigen Erkrankungen des Gedächtnisses – in Österreich leben zumindest 150.000 Menschen mit Demenz – gibt es experimentelle Hinweise, dass Nüsse einen davon unabhängigen, positiven Effekt haben könnten. Die Alzheimererkrankung, die mit Abstand die häufigste Ursache für Demenzerkrankungen ist, zeichnet sich durch die Ablagerung von zwei Eiweißen im Gehirn aus: Amyloid-Beta und Tau, die sich zu sogenannten Plaques und Bündeln zusammenkleben. Bestandteile von Nüssen, insbesondere Walnüssen, zeigten im Labor einen positiven Effekt auf diese Veränderungen – sowohl auf die Plaques als auch auf die Bündel.

Die in Nüssen enthaltenen Antioxidantien, wie zum Beispiel Vitamin E oder Folat (Vitamin B9), können außerdem oxidativen Stress von Zellen vermindern, der unter anderem durch Rauchen, UV-Strahlung, Abgase, Pestizide, Schlafmangel oder schlechte Ernährung entstehen kann. Andauernder oxidativer Stress, der durch den heutigen Lebenswandel begünstigt ist, kann unsere kognitive Leistung beeinträchtigen. Da es im Gehirn durch oxidativen Stress zum Verlust von Nervenzellen und Synapsen kommt, steht er auch in Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson.

Powerfood fürs Gedächtnis

Wie sich der Konsum von Nüssen auf unser Gehirn bzw. unsere Gedächtnisleistung auswirkt, ist auch aus beobachtenden Studien bekannt. Bei diesen werden indirekte Hinweise gesammelt, indem beispielsweise die Gedächtnisfähigkeit einer Person getestet und diese gleichzeitig befragt wird, wie sich ihre Ernährung in einem gewissen Zeitraum in der Vergangenheit zusammengesetzt hat. Das ist manchmal jedoch gar nicht so einfach zu beantworten, und es sind dabei auch nicht immer alle Proband:innen ganz ehrlich. Ein besserer Weg wäre es daher, die Testpersonen zuvor nach ihrer Ernährung zu befragen und dann erst zu einem späteren Zeitpunkt deren Gehirnleistungen zu testen.

Projekt zur Hirngesundheit

„Brain Health School Challenge“, eine Initiative der European Academy of Neurology

Eine Zusammenfassung von Studien der letzten 15 Jahre zeigte folgendes: Bis auf eine Ausnahme konnte in allen beobachtenden Studien ein positiver Effekt von Nüssen auf die Gedächtnisleistung im Ganzen oder in Teilen gezeigt werden. Insbesondere gute Wirkung durch Nusskonsum wurde bei Menschen erzielt, die aufgrund anderer Umstände – wie zum Beispiel zu wenig Bewegung, Übergewicht oder Diabetes – ein höheres Risiko für die Entwicklung von Demenzerkrankungen mitbrachten.

Hohes Herzkreislaufrisiko: Nüsse essen!

Um den Beweis zu erbringen, dass die positiven Zusammenhänge nicht nur auf Zufällen beruhen, wurden noch weitere Studien durchgeführt. Um ausschließen zu können, dass Proband:innen, die gerne Nüsse essen, auch auf eine andere, von den Forschenden nicht abgefragte Art und Weise etwas Gutes für ihr Gedächtnis tun, wurden Nüsse daher fast wie Medikamente eingesetzt: In sogenannten prospektiven randomisierten Studien wurde einer Hälfte der Testpersonen eine Nussdiät verordnet, während die andere Hälfte normal weiter aß.

In diesen Studien zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Die bei weitem größte Studie, in der 15 Prozent des täglichen Energiebedarfs über zwei Jahre aus Walnüssen gedeckt wurden, zeigte keinen Effekt auf die Gehirnleistung bei gesunden älteren Proband:innen. Wenn jedoch Menschen mit einem hohen Risiko für Herzkreislauferkrankungen eingeschlossen wurden, die also auch ein hohes Risiko für Erkrankungen des Gedächtnisses haben, gab es sehr wohl positive Effekte des Nusskonsums: Wurden täglich 30 Gramm Nüsse zusätzlich zu einer gesunden mediterranen Diät verspeist, waren nach vier beziehungsweise sechs Jahren die Ergebnisse bei Tests zur Gedächtnisleistung besser. Auch in kürzeren Untersuchungen mit weniger Teilnehmenden konnten positive Effekte für Erdnüsse und Mandeln gefunden werden.

Unmittelbare Wirkung aufs Gedächtnis fraglich

Und wie steht es um die unmittelbare Wirkung von Nüssen auf die Kognition? Alkohol berauscht schließlich auch sofort, Sportler:innen essen vor Wettkämpfen oft große Mengen an Kohlenhydraten, und Popeye war ohne Spinat kaum einsatzbereit. Dazu gibt es aktuell leider wirklich wenige Daten. Eine Querschnittsstudie bei Personen im Alter von 20 bis 59 Jahren fand positive Effekte auf die Geschwindigkeit bei Reaktionstests. Und in einer kleinen randomisierten prospektiven Studie, bei der Walnüsse in ein Bananenbrot eingebacken wurden, gab es lediglich eine positive Auswirkung auf die kritische Denkleistung.

Fazit

Die Frage, ob Nüsse gut fürs Gehirn sind, ist also nicht ganz leicht zu beantworten, da die wenigen dazu durchgeführten Studien oft schwierig zu vergleichen sind. Setzt man die vorhandenen Puzzlestücke an Beweisen dennoch so gut es geht zusammen, wird klar: Nüsse haben wohl insbesondere über ihre positive Wirkung auf die Gesundheit von Gefäßen und Kreislauf auch einen positiven Effekt auf das Gedächtnis. Dieser ist naturgemäß bei jenen Personen am größten, die ein höheres Risiko für solche Erkrankungen haben.

Als Supernuss in diesem Zusammenhang erweist sich die Walnuss – für sie gibt es fast nur positive Studien. Dazu kommen Hinweise, dass Nüsse möglicherweise direkt vor den häufigsten Demenzerkrankungen des Alters schützen und bei regelmäßigem Konsum die Reaktionsfähigkeit erhöhen könnten. Bei all der notwendigen kritischen Betrachtung sollten man eines nicht vergessen: In keiner einzigen Studie konnte ein nachteiliger Effekt von Nüssen festgestellt werden. Greifen Sie also nicht nur zu Weihnachten genüsslich zur Nuss!