Abgeholzter Teil des Regenwalds in Brasilien
AFP – NELSON ALMEIDA
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Amazonas

Extreme Abholzung im Amazonas

Während die Coronavirus-Pandemie Behörden und Umweltorganisationen in Brasilien lahmgelegt hat, wurden riesige Regenwaldflächen im Amazonas-Gebiet gerodet. Das gefährde Artenvielfalt und Weltklima, kritisiert die Umweltorganisation Greenpeace.

Mit mehr als 250.000 Infektionen und fast 17.000 Toten liegt Brasilien in der globalen Coronavirus-Statistik weit vorne. Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher sein. Während die Pandemie das Leben in den Städten zum Stillstand brachte, wurden im Amazonasgebiet große Flächen der Regenwälder abgeholzt.

Jene Behörden und Organisationen, die eigentlich für den Schutz der Wälder zuständig sind, konnten legale Rodungen nicht kontrollieren und die illegale Abholzung nicht verhindern. Aktuelle Erhebungen der Umweltorganisation Greenpeace zeigen, dass seit Beginn des Jahres 120.000 Hektar Regenwald zerstört wurden.

Abholzung mehr als verdoppelt

120.000 Hektar entsprechen fast der dreifachen Fläche Wiens. Besonders beunruhigend sei, dass sich die Aholzung im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 55 Prozent gesteigert habe, sagt Lukas Meus von Greenpeace Österreich. Dabei hatte man 2019 bereits Negativrekorde bei den Regenwaldrodungen verzeichnet.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro treibt diese Entwicklung voran, um landwirtschaftliche Nutzflächen für Rinderzucht und Sojaanbau zu schaffen. Brasilien ist weltweit der größte Exporteur von Soja und Rindfleisch. Derzeit zieht es allerdings auch Bergbauunternehmen in das Amazonasgebiet. Sie schürfen nach Gold, weil der Preis des Edelmetalls seit einiger Zeit hoch ist.

Artenvielfalt stark gefährdet

Doch Brasilien ist nicht das einzige Land, das in den vergangenen Wochen große Waldflächen vernichtet hat. Ähnliches beobachten die Umweltschützer im argentinischen Teil der Gran Chaco-Wälder: Dort wurden allein während der Ausgangssperren von Mitte März bis Ende April 10.000 Hektar abgeholzt. Das entspricht etwa der Fläche von Innsbruck. Der Gran Chaco ist die zweitgrößte Waldregion in Südamerika und Lebensraum von etwa 150 Säugetierarten, 500 Vogelarten und 120 Reptilienarten.

Auch im zentralafrikanischen Kamerun hat die Regierung weitreichende Rodungen im Ebo-Wald, der Heimat der Berggorillas, angekündigt. 150.000 Hektar wurden dort zur Abholzung freigegeben. „Das heißt, dass die Wälder weltweit weiterhin bedroht sind, obwohl gerade jetzt darauf geschaut werden sollte, dass die Wälder geschützt sind“, sagt Meus.

„Grüne Lunge“ schrumpft massiv

Denn die großen Waldregionen spielen auch eine wichtige Rolle für das Weltklima: Allein der Amazonas-Regenwald verarbeitet jährlich über zwei Milliarden Tonnen CO2 und erzeugt damit ein Fünftel des weltweit verfügbaren Sauerstoffs. Die Regenwälder gelten nicht umsonst als „grüne Lunge der Erde“, sagt der Biodiversitätsforscher und Ökologe Franz Essl von Universität Wien.

„Die großen Regenwälder regulieren ganz massiv das Weltklima und sie tragen ebenfalls ganz entscheidend dazu bei, dass die Artenvielfalt, die wir noch haben, erhalten bleibt“, so Essl. Die letzten großen Wildnisgebiete finde man nur mehr in den Regenwäldern und in den Polarregionen. Essl plädiert deswegen für striktere Vorgaben der europäischen Union für die Einfuhr von Soja, Tropenhölzer oder Rindfleisch aus Südamerika. Das dürfe nur aus nachhaltigem Anbau stammen.

Gesetze zum Waldschutz gefordert

Auch die anstehende Ratifizierung des Freihandelsabkommen zwischen der EU, Brasilien und Argentinien, Mercosur, biete eine Chance, ist Essl überzeugt. „Hier besteht die Möglichkeit von Nachverhandlungen und die müssen nach sozialen und vor allem auch nach ökologischen Standards erfolgen und eingefordert werden durch die Europäische Union“, so der Ökologe.

Eine Forderung, der sich Greenpeace anschließt. Auch die Umweltorganisation fordert die EU-Kommission dazu auf, ein Gesetz zu beschließen, das den Import von Produkten aus Waldzerstörung nach Europa verhindert. Europäischen Konsumentinnen und Konsumenen, die die Regenwälder schützen wollen, empfehlen sie, insgesamt weniger Rindfleisch zu kaufen bzw. darauf zu achten, dass das Fleisch aus regionaler Bio-Produktion kommt.