Tabletten Hydroxychlorin
AP/John Locher
AP/John Locher

WHO testet Hydroxychloroquin nicht mehr

Nach wochenlanger Kontroverse hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die klinischen Studien zum Einsatz des Malariamittels Hydroxychloroquin gegen schwere Coronavirus-Infektionen eingestellt.

Bisherige Studien hätten kein Absenken der Sterblichkeitsrate gezeigt, erklärte die WHO. Eine vorbeugende Wirkung des Mittels schloss WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan am Donnerstag aber nicht aus.

Hin und Her um „Lancet“-Studie

Erkenntnisse aus eigenen Studienreihen und anderen Veröffentlichungen hätten gezeigt, dass Hydroxychloroquin die Sterblichkeitsrate von Covid-19-Patienten nicht senke, sagte die WHO-Expertin Ana Maria Henao-Restrepo am Mittwoch bei einer virtuellen Pressekonferenz in Genf. Die WHO hatte Tests mit Hydroxychloroquin ebenso wie mit anderen Medikamenten in einer Studie mit dem Namen „Solidarity“ (Solidarität) begonnen.

Nachdem eine umstrittene Studie im Fachblatt „The Lancet“ zu dem Schluss gekommen war, dass Hydroxychloroquin Patienten mit Covid-19 zusätzlich gefährden könnte, waren die klinischen Tests mit dem Malariamittel vorübergehend ausgesetzt worden. Später wurden sie jedoch wieder aufgenommen, nachdem sich „The Lancet“ sowie drei der vier Studienautoren von der Veröffentlichung distanziert hatten.

Das Malariamittel ist in der Behandlung von Covid-19-Patienten seit Längerem umstritten. Vor kurzem hatte auch die US-Arzneimittelbehörde FDA eine Sondergenehmigung für Hydroxychloroquin und Chloroquin zum Einsatz gegen Covid-19 zurückgezogen. Es könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Medikamente bei der Behandlung der von dem Coronavirus verursachten Lungenkrankheit wirksam seien, teilte die Behörde mit.

Vorbeugende Wirkung ist weiter möglich

WHO-Chefwissenschaftlerin Swaminathan machte bei einer Online-Pressekonferenz allerdings deutlich, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Hydroxychloroquin eine vorbeugende Wirkung habe. Beim prophylaktischen Einsatz des Mittels bei Covid-19-Patienten sei „das letzte Wort noch nicht gesprochen“. Zu dieser Frage liefen „einige gute und große Studien“ weiter und würden hoffentlich fertiggestellt, „damit wir die Art von Nachweis haben, den wir brauchen um sicherzustellen, dass Patienten die Arzneimittel bekommen, die helfen“.

Die Debatte über den Hydroxychloroquin-Einsatz in der Coronavirus-Pandemie ist politisch aufgeladen. Das Mittel wurde wiederholt von US-Präsident Donald Trump und Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro beworben, die andererseits wenig von Corona-Schutzmaßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen halten. Trump nahm Hydroxychloroquin nach eigenen Angaben eine Weile lang zur Vorbeugung gegen Covid-19 ein.

Hoffen auf Krebsmedikament

Forscher der Universität Marburg teilten inzwischen mit, dass sie vielversprechende Ansätze für den Einsatz des Krebsmedikaments Ruxolitinib bei schweren Coronavirus-Erkrankungen sehen. Sie berichteten von der erfolgreichen Behandlung einer 65-jährigen Patientin, die nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 an akutem Lungenversagen und weiteren Organschädigungen litt.

Nach der Gabe des Krebsmedikaments besserte sich der Zustand der Marburger Patientin. Atmung und Herzfunktion verbesserten sich rasch. Vom zehnten Tag ihres Klinikaufenthalts an konnte die Patientin demnach schrittweise vom Beatmungsgerät entwöhnt werden. Auch die Virusvermehrung reduzierte sich. Die Forscher nannten den Verlauf „bemerkenswert“.

Seit dem ersten Auftreten des neuartigen Coronavirus im Dezember in China hat sich der Erreger auf der ganzen Welt verbreitet. Rund 8,4 Millionen Infektionen wurden mittlerweile nachgewiesen, 448.994 Infizierte starben.