Kleines Mädchen schleckt an Eis
APA/dpa/Franziska Kraufmann
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Entdeckung

Geschmackszelle ist Multitasker

Die Geschmackszellen in der Zunge verraten uns, ob Nahrungsmittel nahrhaft oder potenziell giftig sind. Bisher kennt man drei verschiedene Typen mit unterschiedlichen Spezialisierungen. Forschende aus den USA haben nun im Mausmodell einen weiteren Zelltyp entdeckt: einen Multitasker, der dem Hirn verschiedene Signale schicken kann.

Abhängig vom Zelltyp erkennen Geschmacksrezeptoren bittere, süße und herzhaft-intensive-umami-Noten bzw. sauren und salzigen Geschmack oder sie helfen den anderen Zellen beim Identifizieren der Aromen. Doch wie genau das Gehirn die Geschmacksinformationen verarbeitet, ist noch nicht geklärt. Genau das wollte die Neurophysiologin Kathryn Medler von der US-Universität Buffalo herausfinden. Sie untersuchte die Geschmacksrezeptoren von Mäusen und entdeckte dabei einen unbekannten vierten Zelltyp.

Vierter Zelltyp ist Multitasker

Dieser Zelltyp ist eine Art Multitasker. Ihn mache einzigartig, dass er auf fast alle Geschmacksreize reagiert, so Medler gegenüber science.ORF.at. Dabei benutzen die Rezeptoren in den Zellen zwei verschiedene Signalwege, um das Gehirn über bis zu vier Geschmacksrichtungen – also saure, bittere, süße und herzhafte-umami-Geschmacksnoten – zu informieren, wie Medler und ihr Team in der Fachzeitschrift Plos One schreiben.

Grafik Geschmackszellen und Geschmäcker
Jhanna Flora, Kathryn Medler
Die bekannten Geschmackszellen und was sie schmecken

Dass diese Geschmackszellen verschiedene Signalwege benutzen, konnten die Forschenden zeigen, aber wie genau diese Stimuli verarbeitet werden, müssten sie noch erforschen, erklärt die Neurophysiologin. „Wir bauen mit unserer Forschung auf früheren Ergebnissen auf“, so Medler. Denn in vorangegangenen Untersuchungen von Geschmacksknospen, in denen sich etwa einhundert Geschmacksrezeptorzellen befinden, konnte bereits gezeigt werden, dass es Zellen geben muss, die nicht auf eine einzige Geschmacksrichtung spezialisiert sind.

Nicht nur bei Mäusen

Um den Beweis anzutreten, arbeiteten Medler und ihr Team mit transgenen Mäusen. Bei den Tieren wurde jenes Protein ausgeschaltet, dass bei den anderen Geschmackszellen und deren Signalwegen eine Schlüsselrolle spielt. So konnten sie sehen, dass weitere Zellen bzw. andere Signalwege bei Geschmacksreizen aktiv wurden. Medler geht jedenfalls davon aus, dass ihrer Erkenntnisse auf andere Säugetiere und damit auch auf den Menschen übertragbar sind.

„Die Geschmacksknospen von Mensch und Maus sind sich sehr ähnlich und auch die Geschmacksrezeptoren und Signalwege sind vergleichbar“, so die Neurophysiologin. Die Entdeckung ermögliche neue Einblicke in die Geschmacksverarbeitung im Hirn und zeige, dass die Signalwege wesentlich komplexer sind, als bisher angenommen. Als nächstes will die Forscherin die Geschmacksrezeptoren der neu entdeckten Zellen unter die Lupe nehmen und so mehr darüber erfahren, warum Tier und Mensch so viele unterschiedliche Nuancen erschmecken können.