Zebrafisch in Großaufnahme
Per Harald Olsen
Per Harald Olsen
Zebrafische

Klimaerwärmung: Zu schnell für die Evolution

Wie reagiert die Tierwelt auf die weltweit steigenden Temperaturen? Fische können sich laut einem Laborexperiment überraschend schnell anpassen – für das Tempo der globalen Erwärmung reicht das vermutlich dennoch nicht.

Im Verlauf der Naturgeschichte haben sich die klimatischen Verhältnisse auf Planet Erde immer wieder verändert, Eiszeiten, globales Tropenklima, alles schon dagewesen und so gesehen auch nichts Unnatürliches – das Problem ist nur: Der gegenwärtige, vom Menschen ausgelöste Klimawandel verläuft ca. 100 Mal schneller als alle bekannten Erwärmungsphasen der letzten 66 Millionen Jahre. Das könnte Tier- und Pflanzenarten langfristig überfordern, im schlimmsten Fall sogar an den Rand des Aussterbens drängen.

Evolution im Labor

Der norwegische Biologe Fredrik Jutfelt hat dieses Problem jetzt im Labor nachgestellt, quasi als Wettrennen zwischen Evolution und Klimawandel: Hauptakteure seines Experiments waren Zebrafische, diese Tierart ist für so ein Experiment deshalb gut geeignet, weil sie relativ kurze Generationszeiten hat. Unter Laborbedingungen pflanzen sich die Fische zwei Mal pro Jahr fort – und sollten daher in überschaubaren Zeiträumen eine Anpassung zeigen, sofern die genetische Ausstattung das zulässt.

ForscherInnen im Labor, dort auch  zu sehen: Auqarien mit Zebrafischen
Per Harald Olsen, NTNU
Fredrik Jutfelt (2.v.l.) und sein Team

Laut Jutfelds Versuchen mit insgesamt 20.000 Zebrafischen war das auch der Fall: Nach sechs Generationen hatte sich in der Fischpopulation eine Gruppe von besonders wärmetoleranten Tieren hervorgetan, ihre Anpassungsrate betrug 0,04 Grad pro Generation. Das liegt in etwa im Bereich des gegenwärtigen Klimawandels (nach Angaben des Weltklimarats IPCC steigt die Temperatur gegenwärtig um 0,2 Grad pro Jahrzehnt).

Soweit die gute Nachricht. Die schlechte ist: Das Experiment liefert die optimale Evolutionsrate unter Laborbedingungen, in der freien Natur dürfte es für Tierarten weitaus schwieriger sein, sich an den Klimawandel anzupassen, wie Jutfeld betont. „Fische, die sich ein bis zwei Mal pro Jahr fortpflanzen, könnten mit dem Klimawandel eventuell Schritt halten. Doch die meisten Fische haben längere Generationszeiten. Beim Grönlandhai reden wir zum Beispiel nicht über Jahre, sondern über Jahrzehnte.“

„Gewinn geht wieder verloren“

Was der Forscher von der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens noch beobachtet hat: Die genetische Anpassung gibt es offenbar nicht „gratis“, die wärmetoleranten Fische wurden im Verlauf des Experiments physiologisch unflexibler und konnten sich auf Temperaturschwankungen immer schlechter einstellen. „Man könnte sagen, dass der Gewinn gleich wieder verloren ging. Das ist aus meiner Sicht ein eher beängstigendes Ergebnis.“

Laut Experimenten an Fruchtfliegen ist die Wärmetoleranz nicht beliebig steigerbar, nach 20 Generationen erreicht die Selektion ein Plateau, dann bleibt nur mehr wenig Spielraum nach oben. Ob das auch für Zebrafische gilt, bleibt unklar. Sicher ist jedenfalls: Tierarten mit langen Generationszeiten werden es deutlich schwerer als Fliegen (und Zebrafische) haben, sich auf die geänderten Umweltbedingungen einzustellen.

Laut dem Pariser Klimaabkommen soll die globale Erwärmung auf 1,5 oder zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden. Wie das UNO-Umweltprogramm (UNEP) kürzlich betonte, hat die internationale Staatengemeinschaft in den letzten fünf Jahren wenig getan, um dieses Ziel zu erreichen. Derzeit steuere die globale Erwärmung auf mehr als drei Grad bis Ende des Jahrhunderts zu.