Finnwal bei Cap Cod
AFP/DON EMMERT
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Seismologie

Erdbebenanalyse mit Walgesängen

Die Gesänge von Finnwalen reichen bis tief in die Erdkruste. Wie Forscher nun herausgefunden haben, lassen sich die Schallwellen auch für seismische Untersuchungen nutzen, zum Beispiel um Erdbeben genauer zu analysieren.

Kurze, starke Finnwallaute rollen mit einer durchschnittlichen Frequenz von rund 20 Hertz durch die Tiefen des Ozeans – das oft stundenlang. Am Meeresgrund angekommen dringt ein Teil der Schallwellen mehr als zwei Kilometer in die Erdkruste ein. Je nachdem, wie der Untergrund beschaffen ist, werden sie abgelenkt oder reflektiert und verändert in den Ozean zurückgeworfen.

Wie der Seismologe Vaclav Kuna von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften nun vor der Küste Oregons herausfand, können Messgeräte am Meeresgrund aus diesen Schallwellen ablesen, wie dick die Sediments- und Basaltschichten sind und wie schnell sich die durch Erdbeben erzeugten Wellen in der Erdkruste bewegen. „Diese Informationen helfen, Erdbeben genauer zu lokalisieren“, so der Seismologe.

Umweltfreundliche Alternative

Normalerweise wird der Untergrund mit Druckluft aus Gewehren untersucht. Ähnlich wie Finnwalgesänge erzeugen auch sie kurze Signale. Allerdings sind diese intensiver und haben eine höhere Frequenz. Damit dringen die Luftdruckwellen nicht nur mehrere Kilometer tief in den Meeresboden ein, sie liefern auch ein wesentlich detaillierteres Bild von den Schichten der ozeanischen Erdkruste. „Diese Informationen werden unter anderem von der Öl- und Gasindustrie benötigt“, so Kuna. Das Problem an Luftdruckgewehren: Sie sind nicht nur teuer. „Sie sind auch nicht gerade umweltfreundlich, weil sie manche Meerestiere gefährden können. Deshalb kann man sie nur beschränkt einsetzen.“

Ersetzen können Finnwalgesänge herkömmliche Luftdruckgewehre nicht. Sie können aber Informationen über Gebiete im Ozean liefern, wo die Gewehre aus Umweltschutzgründen nicht verwendet werden können, erläutert Kuna.

Laute von Finnwalen für seismische Analysen zu verwenden, könnte ihm zufolge erst der Anfang sein. „Pottwale erreichen mit ihren Gesängen eine viel höhere Frequenz als Finnwale. Diese könnten dann auch in tiefere Gesteinsschichten vordringen. Ich habe es noch nicht untersucht. Es wäre zumindest einen Versuch wert.“