Flugbild: Riesiger Riss im Pine-Island-Gletscher
NASA Earth Observatory
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Umwelt

Antarktischer Gletscher an der Kippe

Die Klimaerwärmung setzt dem Pine-Island-Gletscher in der Antarktis erheblich zu. Forscher haben nun in Modellierungen festgestellt, dass der Gletscher drei Kippunkte aufweist. Wird der dritte Punkt erreicht, könnte die Schmelze unumkehrbar sein.

Der 250 Kilometer lange Pine-Island-Gletscher befindet sich im Westen der Antarktis. Er steht schon länger im Fokus der Klimawissenschaften, denn er verliert mehr Eis als jeder andere Gletscher. Schmilzt der Gletscher vollständig, könnte auch der westantarktische Eisschild kollabieren – und das hätte verheerende Folgen, berichtet der Glaziologe Sebastian Rosier: „Der Meeresspiegel könnte um drei Meter ansteigen, wenn der gesamte Eisschild schmilzt.“

Dieser Prozess würde zwar einige Zeit dauern, wird aber eine gewisse Schwelle, ein Kipppunkt, überschritten, dann kann das Abschmelzen nicht mehr aufgehalten werden. Die innere Dynamik des Eises treibt den Rückzug dann an und es kommt zu einem massiven, schnellen und unwiederbringlichen Eisverlust.

Drei Kipppunkte identifiziert

Der Forscher und sein Team konnten durch Modellierungen nachweisen, dass der Pine-Island-Gletscher drei solche Kipppunkte aufweist. Die ersten beiden hätten zur Folge, dass bestimmte Bereiche des Gletschers unwiederbringlich abschmelzen, erklärt Rosier, der derzeit am Schweizer Institut für Schnee und Lawinenforschung forscht. Wird der dritte Kipppunkt erreicht, könnte es zum Rückzug des gesamten Gletschers kommen. „In unserem Modell überschreiten wir diesen dritten Kipppunkt nach einer Temperaturänderung des Ozeans um 1,2 Grad Celsius.“

Modelliert wurde nur ein Temperaturanstieg, räumt Rosier ein. Realistischer als der Anstieg der Meerestemperatur sei aber, dass sich durch veränderte Winde die Tiefe jener Wasserschicht verändert, die das kalte Oberflächenwasser vom wärmeren Tiefenwasser trennt. Der Gletscher würde dann stärker in Kontakt mit wärmerem Wasser kommen und an der Unterseite abschmelzen. „Das ist der eigentliche Mechanismus, der uns Sorgen bereitet, die Veränderung der Tiefe der Thermokline.“

Ob schon einer der Kipppunkte erreicht wurde, könne man derzeit noch nicht eindeutig sagen. Manche Wissenschaftler gehen davon aus. „Es ist möglich“, sagt auch Sebastian Rosier. Nimmt er minimale Änderungen in seinem Modell vor, dann wird der erste Kipppunkt bereits überschritten. Ein Nutzen seiner Berechnungen sei auch, dass nun Indikatoren identifiziert wurden, die den Beginn der Instabilität des Eisschildes anzeigen.