Schimpanse im Zoo
AFP/INA FASSBENDER
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Kommunikation

Auch Affen „grüßen“ einander

Wenn Menschen einander begegnen oder auseinandergehen, grüßen sie – alles andere wäre unhöflich. Höflichkeit mag zwar keine tierische Kategorie sein, Experimente mit Bonobos und Schimpansen legen aber nahe, dass sie ähnliche kommunikative Rituale pflegen.

Das Leben in Gemeinschaften, insbesondere die Fähigkeit zur Zusammenarbeit hat dem Menschen enorme evolutionäre Vorteile verschafft. Damit das auch gut funktioniert, müssen wir uns laufend abstimmen und miteinander kommunizieren – egal, ob es darum geht, gemeinsam einen Tisch aufzuheben oder zu zweit einen Walzer zu tanzen; denn die gemeinsamen Absichten müssen allen Beteiligten klar sein.

Durch kommunikative Signale, die immer einem ähnlichen Muster folgen, entstehe dabei ein Gefühl der gegenseitigen Verpflichtung, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Raphaela Heesen von der Schweizer Universität Neuenburg und der britischen University of Durham in ihrer soeben im Fachmagazin „iScience“ erschienenen Studie. Vor jeder gemeinsamen Aktivität, bei jeder menschlichen Begegnung gebe es kommunikative Zeichen für den Beginn wie für das Ende.

Begrüßung und Abschied

So wird etwa jedes Gespräch mit einer mehr oder weniger formalen Begrüßung eröffnet, manchmal nickt man einander nur zu oder sagt kurz „Hallo“, Freunde umarmen oder küssen sich, bei offiziellen Anlässen schüttelt man Hände (zumindest, wenn nicht gerade eine Pandemie ist). Ähnliche Rituale gibt es beim Abschied, wobei es mitunter viel Feingefühl erfordert, diesen einzuleiten. Denn ein abruptes Ende empfinden die allermeisten Menschen als beleidigend, also gilt es vor dem eigentlichen Abschiedsgruß die passenden Worte (z.B.: Gründe, warum man gehen muss) zu finden oder mit der Körperhaltung und Blicken das Ende langsam anzukündigen.

Zwei junge Bonobos
AFP/ISSOUF SANOGO
Junge Bonobos

Der Grad der Höflichkeit richte sich bei diesen Ritualen meist nach den Machtverhältnissen bzw. dem Status der Beteiligten, ergänzen die Forscher. Je größer das Gefälle, umso mehr Gesten und Floskeln brauche es, um zur eigentlichen Aktivität zu gelangen bzw. diese wieder zu beenden. Mit engen Freunden sei das unkomplizierter. „Wenn man einen guten Freund trifft, muss man sich nicht so sehr anstrengen, höflich zu sein“, erklärt Heesen in einer Aussendung zur Studie.

Tierische Begegnungen

Menschen dürften diese Abläufe schon sehr früh internalisieren, schreiben die Autoren: Bei Experimenten mit Kleinkindern gebe es heftige Proteste, wenn ein Spielkollege ohne Ankündigung das Spiel beendet. Nachdem Heesen und ihr Team ein ähnliches Verhalten bei Bonobos beobachtet hatten, wurden sie neugierig, heißt es in der Aussendung. Systematische Beobachtungen von Bonobos und Schimpansen sollten klären, ob es bei unseren nahen Verwandten ähnliche Formen der kommunikativen Abstimmung gibt.

Mehr als 1.200 Interaktionen wurden insgesamt analysiert. Tatsächlich standen am Beginn und am Ende vieler Begegnungen – bei denen die im Zoo lebenden Tieren miteinander spielten oder einander lausten – kleine kommunikative Signale: meist Blicke und Gesten. Dabei berührten die Affen einander, hielten Hände oder stupsten Artgenossen mit dem Kopf. Bei Bonobos war das in 90 Prozent aller Fälle so, bei den Schimpansen bei knapp 70 Prozent. Signale, um die Interaktion zu beenden, waren noch häufiger. Sie konnte bei 92 Prozent der Bonobo- und bei 86 Prozent der Schimpansen-„Verabschiedungen“ beobachtet werden.

Die Studienautorinnen und -autoren analysierten außerdem, ob der Sozialstatus – ähnlich wie beim Menschen – einen Einfluss auf die kommunikativen Signale hat. Bei den Bonobos dürfte das tatsächlich der Fall sein. Enge Vertraute kamen einander – ähnlich wie befreundete Menschen – viel schneller näher und ohne viel Aufhebens wurde die Begegnung auch wieder beendet. Bei den Schimpansen scheinen die sozialen Bindungen und die Machtverhältnisse weniger Auswirkungen auf die Kommunikation zu haben, heißt es in der Studie. Das könnte daran liegen, dass Schimpansen generell hierarchischer organisiert sind. Bonobo-Gruppen sind eher egalitär, Freundschaften, Allianzen zwischen Weibchen sowie die Beziehungen zwischen Mütter und Söhnen sind sehr wichtig.